25. April 1939

 In der Lehndorffschen Fideikommiss-Angelegenheit hatte der Fideikommisssenat beim Oberlandesgericht am 20. März 1939 sich vom Provinzialkonservator eine „kurze gutachtliche Äußerung“ erbeten, ob zum Familienbesitz „Gegenstände von besonderem künstlerischen Wert gehören“ und ob diese „infolge des Erlöschens des Fideikommisses gefährdet erscheinen und ihre Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt“. Vor Abfassung dieser schriftlichen Äußerung hatte Abramowski darum gebeten, die gesetzlichen Möglichkeiten mündlich zu besprechen, die eine „Handhabe zur Erhaltung der Steinorter Sammlungen an Ort und Stelle bieten‟. Nach erfolgter Rücksprache bat er um weitere Mitteilung, „welche Sicherungsmaßnahmen im Sinne des § 7 der Verordnung vom 20. März 1929 erforderlich erscheinen‟. Am 30. September 1939 fragte Oberlandesgerichtsrat Ermel beim Provinzialkonservator an, ob er inzwischen Steinort besichtigt habe und ob „Maßnahmen zum Schutz oder Sicherung von Gegenständen von besonders künstlerischem, wissenschaftlichem, geschichtlichem oder heimatlichem Wert nötig seien. Die beschränkten Reisemöglichkeiten hatten dies jedoch bisher verhindert, jedoch erwähnte der Provinzialkonservator in seiner Antwort ein Verzeichnis, aufgenommen von Mitarbeitern des Denkmalamtes, das der Fideikommiss-Senat nun zur Ansicht haben wollte. Da es sich tw. um eine Sammlung loser Blätter handelte, wollte er es nicht aus der Hand geben. Im Dezember 1940 fragte ERmel an, wann mit der Fertigstellung des Verzeichnisses denn zu rechnen sei. Leider enthält die Akte weder eine Abschrift noch einen Hinweis, ob dies geschehen ist. APO, Bestand 367, Nr. 506, Bl. 33, 38 ff.
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Zum Vorgang vom 20. März 1839 _ FSI 21. -

In Erwiderung des Vorgangs vom 20. März des Jahres teile ich mit, dass die Gesamte Steinorter Anlage, Schloss sowie Park, stets eine bedeutende Rolle in der Kulturgeschichte der Provinz gespielt hatte, und dass deshalb an ihrer Erhaltung ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Da sich die Anlage seit dem Ende des 15. Jahrhunderts im Besitz der gleichen Familie befindet, konnte das Schloss nach einheitlichem Plan ausgebaut und der umgebende Park, eine der umfangreichsten und am besten erhaltenen alten Parkanlagen Ostpreußens, nach einem einheitlichen Willen gestaltet werden. Unter den gleichen Voraussetzungen wurden auch die Ausstattungsstücke des Herrenhauses beschafft, das nunmehr das zahlenmäßig reichste Schlossinventar der Provinz besitzt, dessen Wert dadurch noch erheblich gesteigert wird, das es sich bei den erhaltenen Stücken in der Hauptsache um Altbesitz handelt. Zu den besonders erwähnenswerten Stücken, an deren Erhaltung ein besonderes öffentliches Interesse besteht, gehören vor allem zahlreiche Bildteppiche des 17. Jahrhunderts, möglicherweise ostpreußischer Herkunft, etwa 200 Ölgemälde von zum Teil sehr beachtlichem Kunstwert, ferner zahlreiche Möbel und Fayencen aus Ostpreßen und der übrigen Gegend des Reiches. Die Einheitlichkeit des Besitzstandes erscheint dadurch gefährdet, dass fast sämtliche Ausstattungsstücke umgehend instandgesetzt werden müssten, und dass bei dem Umfang der Sammlungen außerdem in Zukunft stets laufende Mittel zur Erhaltung einzelner Stücke ausgegeben werden müssten, dass also die Versuchung besteht, durch den Erlös aus dem Verkauf einiger Stücke die anderen in Ordnung bringen zu lassen. Dadurch würde jedoch der besondere Wert der organisch gewachsenen Sammlung ganz erheblich beeinträchtigt werden, an deren Erhaltung als Ganzes und an Ort und Stelle vom Standpunkt der Denkmalpflege das allergrößte Interesse besteht.

i. V. Wünsch
Provinzialbaurat

betrifft Steinort

Anfrage des Fideikommiss-Senats über künstlerische Werte. 20.3.39

Park:
Eine der umfangreichsten und in Ostpreußen seltenen Anlagen des 17./18. Jh. mit bekanntem alten Baumbestand (Eichen) u. Kanälen

Hausinventar:
Zahlenmäßig reichstes Schlossinventar der Provinz. Wesentlich Altbesitz. Besonders erwähnenswert zahlreiche Gobelins des 17. Jh., möglicherweise ostpreußischer Herkunft, etwa 200 Ölgemälde von z. T. sehr beachtlicher Qualität. Möbel und Fayencen ostpreußisch und deutsch. Fast das gesamte Inventar ist stark und eilig restaurationsbedürftig. Der Umfang macht auch später laufende wesentliche Erneuerungen wahrscheinlich.

Haus:
Im Grundstock 16./17. Jh. bemalte Holzkonstruktion neu freigelegt.

Gesamt:
Steinort ist seit dem E. 15. im Besitz der gleichen Familie. Im gebiet des südöstl. Ostpreußens war St. seit dem Mittelalter bis zur Neuzeit kultureller Mittelpunkz. Heutige Ausstattung wesentlich langsam gewachsen. Zudem bis heute noch kaum zersplittert.

Strauss
17.3.39

Zitierhinweis

Der Provinzialkonservator der Denkmäler der Kunst und Geschichte in Ostpreußen an den Fideikommiss-Senat beim Oberlandesgericht. Königsberg, 25. April 19390. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_b1n_n2p_nqb