Königsberg, 30. Dezember 1760

Hochwohlgeborener Reichs-Graf! Insonders Hochzuehrender Herr Kammerherr!

Ew. Hochgeboren habe ich die  Liegt dem Brief nicht bei.
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beiliegende Blanco-Obligation
über 1.500 Rtlr. nicht früher übermitteln können, weil wegen des Kassenschlusses des hiesigen Banko-Comptoirs die Gelder nach Eingang Hochdero Schreibens nicht eher als den 10. Dezember bei der Banque angenommen wurden, und die konfirmierte Obligation von Berlin abgewartet werden mögte. Ich bitte nunmehr untertänigst um eine Quittung auf die Summe von 1.500 Rtlr.

Da Ew. Hochgeboren meine eigene Jahres-Rechnung nicht remittieren können, so muss der Abschluss meiner diesjährigen Rechnung solange ausgesetzt bleiben.

Die Bedingungen und den   Unleserliche Stelle [...] auf die in Erbpacht zu verkaufende Greibausche Mühle werde ich Ew. Hochgeboren nebst dem auf den 20. Jan. c. abzuhaltenden Lizitations-Rezess zur Approbation und weiteren Entschließung einzusenden unvergessen sein.

In der Landkeimschen Gegend sind keine Besitzveränderungen vorgefallen, dürften auch schwerlich vorkommen, da die jetzigen Besitzer zum Verkauf ihrer Güter nicht disponiert sind. Die zur Erbschaft des verstorbenen Herrn Obristen v.   Unleserliche Stelle [...] auf Medenau gehörigen Güter behält dessen Schwester, die Frau Obristlieutnant v. Aschersleben als Universalerbin ungetrennt für sich. Sollte diese Dame aber einmal mit Tode abgehen, dann würden ihre Güter wahrscheinlich zur Lizitation kommen. Da der Müller Manradt(?) auf Ostern 1791 aus Laserkeim abzieht, so muss es sich bei der Arrende-Abnahme finden, wie er hausgehalten und was er etwa an Defekten beim Inventario und an dem Gutsgebäude der Herrschaft zu erstatten schuldig. Solange habe ich soviel möglich auf seine Wirtschaft gesehen, werde ihn besonders gegen das Ende seiner Arrende nicht außer Acht lassen.

Die Spekulation mit dem Transport der weißen Erbsen zum Verkauf in Berlin ist zwar sehr anschaulich, aber nicht ausführbar, denn es waren um die Zeit Ew. Hochgeboren letzten Schreibens keine Stettinsche Schiffe mehr hier. Für einen so kleinen Transport konnte man kein eigenes Schiff mit Vorteil beladen, zudem ließ die Jahreszeit befürchten, dass das Schiff auf dem Weg einfriert oder wenigstens der Transport erschwert würde, was statt Profit Schulden erzeugt hätte. Hinzu kommt, dass nach den hiesigen Handlungsgesetzen niemand außer einem hiesigen zünftigen Kaufmann es füglich wagen darf, unmittelbar Getreidehandel nach anderen Städten zu treiben, sondern, wenn wir diese Geschäft hätten abmachen wollen, so hätten wir uns mit einem hiesigen Handlungshause zusammentun müssen, dem wir einige Prozent hätten zugestehn oder mit ihm gemeinschaftliche Sache auf Schaden und Gewinn machen müssen. Ich habe alles gründlich überlegt, und von allem genaue Nachricht eingezogen.

Die Kosten für die zu zahlenden Zölle und Abgaben, der Transport von Stettin nach Berlin hätte bei einem Preis von 4 Rtlr./Scheffel immer noch eine guten Profit abgeworfen, da aber kein Schiffsraum zu bekommen war, habe er „diese an sich schöne Spekulation aufgegeben“.

So groß der Getreide-Segen dieses Jahr in Preußen ist, so niedrig sind auch gegenwärtig die Getreidepreise. Denn der Weizen gilt nur 1 Rtlr., 45 Gr., der Roggen 85 Gr., die Gerste 78 Gr., der Haber 45 Gr. und die Erbsen 81 Gr. bis 1 Rtlr., zu verstehn auf den Konsumtionsmärkten; sollte es bei diesen geringen Preisen bleiben, so ist dies Jahr für den Ackerbau nicht besser als das vorige.

Im Sandittenschen Prozess liegen die Unterlagen zur Revision beim Ober-Tribunal in Berlin zur Entscheidung und wenn Ew. Hochgeboren sich von der Lage der Sache zu informieren geruhen wollen, so muss ich es Hochdenenselben untertänigst anheimstellen, die von mir ausgefertigte letzte Deduktion bei den Akten nachzusehen, worinnen ich hinlänglich erwiesen zu haben glaube, dass die Sandittenschen Güter nach der Intention der nächsten Lehnsagnaten in Beziehung auf die einigen Familieninteressenten, die an den geschlossenen Verträgen Anteil genommen, wirklich allodifiziert sind. Diese Rechtsvergleichung hat das Glück gehabt, hier allgemeinen Beifall zu finden, ich wünsche, dass solche beim Ober-Tribunal gewünschten Effekt machen möge.

Die verwitwete Frau Majorin Schlieben-Gerdauen habe ich gebeten, erwähnte Rechtsverteidigung Ew. Hochgeboren von hier zu überschicken, weil das Konzept dieser Schrift mit meinen Manual-Akten mit ans Ober-Tribunal eingeschickt werden müssen.   Editorische Auslassung [...]

Ich wünschte sehr, dass Ew. Hochgeboren etwas zum Vorteil meines Konstituenten ausrichten möchten, welches alsdann aber auch bald geschehen müsste, weil die Akten wahrscheinlich beim Ober-Tribunal zum Spruch vorgelegt sein werden.

Zum Beschluss des alten und Antritt des neuen Jahres wünsche ich alles hohe Wohlergehen und habe die Ehre mit allem Respekt zu beharren

Ew. Hochgeboren ganz untertänigster Knecht

Schmidt

Zitierhinweis

Justizamtmann Schmidt an Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Königsberg, 30. Dezember 1790. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_cbf_tpg_v2b