Steinort, d. 31. Mai 1820
Gnädigster Herr Graf!
Ew. Hochgeboren erlauben gnädigst, bevor ich meinen dienstlichen Rapport anfange,
dass ich es auch wage, Ew. Hochgeboren zu Dero hohen Avancement meine untertänigsten
Glückwünsche darzubringen.
Aus dem Pro anno 1819/20, liegt dem Brief bei. Die Einnahmen
beliefen sich auf 1.667 Rtlr. 86 Gr. 13 1/2 D., die Ausgaben auf 1.125 Rtlr. 76
Gr., worunter 300 Rtlr. in die Reichsgräfliche Kasse geflossen waren; der
Kassenbestand betrug 542 Rtlr. 10 Gr. 13 1/2 D.
[Schließen]beigelegten Kassen-Extrakt werden Ew. Hochgeboren ersehen, wie groß bis zum heutigen Tage der
Kassenbestand ist; für verkauftes Holz sind 982 Rtlr. 16 Gr. 9 D. eingekommen,
worunter für geschlagenes Achtelholz 315 Rtlr. 45 Gr. und für Lagerholz von
Stobben 666 Rtlr. 61 Gr. 9 D.
eingekommen ist.
Mit dem Holzverkauf überhaupt hat es bei den so schlechten
Konjunkturen noch angegangen, wozu die vorteilhafte Lage der hiesigen Wälder an der
See viel beigetragen hat. Ohnerwartet des so sehr angehaltenen Winters ist immer eine
schlechte Landbahn gewesen, welches durch den vielen Schnee und immerwährenden Winter
verursacht wurde.
Das heute geschlagene Achtelholz ist für 6 Rtlr. 60 Gr. und
das weiche für 5 Rtlr. verkauft worden, das noch vorrätige Lagerholz wird man für die
Zukunft noch im Preis etwas heruntersetzen müssen, um dem gänzlichen Aufräumen der
Wälder vom Windbruch näher zu kommen, wer weiß, was noch für Unglücksfälle hinsichts
des Abstehen des Tannenholzes bevorsteht. In den hiesigen Wäldern um Steinort ist noch gar nichts zu merken, das, was
zu vertrocknen anfängt. In der Marschallsheide ist an einigen Stellen schon etwas vertrocknet,
jedoch von keiner Bedeutung, in den angrenzenden Wäldern ist schon mehr abgestanden.
Der Borkenkäfer kann nicht die Ursache sein nach der Meinung mehrerer erfahrener
Forstmänner, mit denen ich über diesen Gegenstand gesprochen habe, glaube dass bloß
das in den Wurzeln lose Holz ist, welches auch sehr wahrscheinlich ist, weil nur auf
dem lichten sandigen Waldboden das Vertrocknen anfängt, wozu auch die voriges Jahr
und besonders dieses Frühjahr gewesene Dürre viel dazu beigetragen haben kann.
Junge Pappeln zum Versetzen sind 140 Stück aus den Baumschulen genommen und sind
wieder durch neue Stecklinge ergänzt und auch noch erweitert worden. Die im vorigen
Herbst gelegten Kastanien auf dem Werder Upalten sind sehr gut aufgeschlagen, das übrige Stück Acker, welches
noch dazu bestimmt ist, ist von Grenz besät
worden und soll auch auf den Herbst mit Kastanien, wenn Samen sein wird, wozu alle
Aussichten sind, besät werden.
An Bauholz ist ausgefahren Es gab mehrere
Bauern in Steinort mit diesem Namen.
[Schließen]durch die hiesigen Uwis worden 597 Stück
Herr
Berent in Stawken zum Brandhaus 168 Stück
Gramadis in Stobben zum Speicher 64 Stück, Summa 829 Stück.
Herr Inspektor
Berent hat versprochen, nach beendigter
Mistfuhre noch in der Marschallsheide, so lange bis die Heu-Ernte angeht, ausrücken
zu lassen, vielleicht wird es möglich sein, in genanntem Revier mit dem noch
vorhandenen Bauholz zu beendigen. Brettschneider sind fortwährend 5 Eisen
beschäftigt. Die fichtenen 5 zolligen Bohlen, die zum Wohnhaus in Kittlitz bestimmt sind, haben vom Frühjahr bis
jetzt im Wasser gelegen und sind gehörig aufgestapelt zum Trocknen verwahrt worden,
auch von den Dielen besonders die zu Fußböden bestimmt sind, habe ich welche in
Wasser legen lassen um erst den Versuch zu machen, ob sie nicht im Wasser an ihrer
weißen Farbe verlieren, worauf mir der Zimmermann Schweiger aufmerksam gemacht hat, besonders bei den Tannenbrettern.
Die Klötze von der aus dem Baumgarten ausgerodeten schweren Pappel sind zu Brettern
von verschiedenen Stärken geschnitten und auch sämtlich im Brauhaus ausgekocht und
auf dem Speicher auf dem obersten Boden verwahrt worden. Von den Pfählen die zum
Thiergarten bestimmt sind, sind 72
Stück aus der Marschallsheide hier nach Steinort angefahren und aufbewahrt.
Auf dem Bruch hinter dem
Baumgarten rechter Hand des Unleserliche Stelle [...] ist ein Stück vom alten und
fehlerhaften Holz heruntergeholzt und sind 25 Achtel Birken- und 11 1/2 Achtel Erlenholz
[Schließen]Ellernholz, in Summe 36 1/2 Achtel, geschlagen und aufgesetzt
worden. Die Abholzung ist ganz nach forstmäßigen Prinzipien und so, wie es Ew.
Hochgeboren gnädigst angeordnet haben, bewirkt worden. Die Stobben sind mehrenteils
sehr gut ausgeschlagen, die Ellern mehr als die Birken. Der Holzwuchs würde
außerordentlich sehr gewinnen, nicht allein auf den Brüchern um Steinort sondern auch im Stobbenschen Walde, die in Verbindung mit der
Mauersee stehen, wenn die See mehrere Jahre so niedrig stehen bliebe, so wie sie
voriges Jahr gestanden hat und dieses Jahr steht. Noch muss ich Ew. Hochgeboren
untertänigst anzeigen, dass ich dem Unleserliche Stelle [...]
Jürgen Thomzig in Stawken aufgekündigt habe und ihn von 29.
September
[Schließen]Michaeli d. J. gehen lasse. Grobe Vergehungen kann ich ihm keine
zur Last legen, sonst hätte ich ihn nach der hiesigen Jurisdiktion zur Bestrafung
übergeben, nur große Nachlässigkeiten, die durch mehrere harte Verweise von meiner
Seite nicht fruchten wollten, haben mich dazu genötigt, diese Maßregeln gegen ihn zu
ergreifen. Zu dieser Stelle haben sich sehr viele Subjekte gemeldet, es ist aber
schwer eine Wahl zu treffen, um nicht einen Missgriff zu machen, denn allen Attesten
und Zeugnissen, die diese Leute haben, ist nicht zu trauen, denn wenn man spezielle
Erkundigungen einzieht, so lauten immer die Antworten anders als die ausgestellten
Zeugnisse es sagen. Unter diesen ist auch ein gewisser Braun, ein Franzose, der hier im Jahr 1813 von den französischen
Truppen zurückgeblieben ist, Ew. Hochgeboren haben ihn in der Marschallsheide als Brettschneider gesehen. Er
hat ein allgemeines gutes Lob hinsichts seiner moralischen Führung, wonach ich mich
sehr genau erkundigt habe. Gedachten Braun habe ich die Zusicherung zu diesem Posten
bis auf die Hohe Genehmigung Ew. Hochgeboren gegeben, sollten demnach Ew. Hochgeboren
was Rechtes einzuwenden, oder auch zu erinnern haben, so sehe einem gnädigen
Bescheide entgegen und werde mit Abschließung des Kontrakts Anstand nehmen, Michaeli
ist die Abzugszeit des Thomzigs.
Die Rebhühner sind alle gut den Winter über
durchgebracht und dieses Frühjahr hier um Steinort und Labab
ausgesetzt worden, überhaupt kann man sich dieses Jahr viel Hühner versprechen, weil
sehr viele Winter über geblieben sind. Für alles Wildbret ist ein sehr günstiges
Frühjahr gewesen.
Mit dem tiefsten Respekt habe die Ehre mich zu zeichnen Ew. Hochgeboren untertänigster Diener
Bliss
Zitierhinweis
Hegemeister Bliss berichtet über die Lage in Steinort. Steinort, 31. Mai 1820. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_hp4_dpj_3tb