Königsberg, 4. Dezember 1819
Lieber bester Carl.
Zu den persönlichen Ausgaben vgl. APO, Bestand 382
Familienarchiv Lehndorff, Nr. 78 (Belege 1756-1834). 1810 stand Amalie Lehndorff z. B. bei einer Leutnantin von Henning mit
1.000 Talern, verzinst zu 6 %, in der Kreide, das Geld war zum "guten
Etablissement der Steinortschen Güter verwendet" worden; der Wechsel wurde im
Januar 1811 durch ihren Sohn nochmals
verlängert, Nr. 720.
[Schließen]Hier ist die Rechnung von Deinen Stühlen. Ich hätte sie Dir quittiert
geschickt und gern die Auslage gemacht, wenn ich nicht um die Weihnachtszeit
immer sehr ausgebeutelt wäre und mit knapper Not den Termin erreiche, wo wieder
Geld reinkommt. Ich habe den Überbringer bewogen, mir die Zeit zu lassen, Dir zu schreiben.
Den Tod des Kanzlers wirst Du schon wissen, er war
allgemein sehr geachtet und wird sehr bedauert. Aber was Du vielleicht nicht
wissen wirst ist, dass zwei der Dohnaschen Kinder das Siehe hierzu
Pfeufer, Christian, Der Scharlach, 1819.
[Schließen]Scharlachfieber haben,
der Richard und die Marianne, und dass also zwischen uns alle
Gemeinschaft aufgehoben ist. Vielleicht auf lange, wenn alle Kinder nach der
Reihe davon angesteckt werden; dass hat sich nun seit vorigen Mittwoch den 5.
Dezember bestimmt geäußert, der Scharlach soll aber von der leichtesten und
mildesten Art sein.
Miss befindet sich wohl und wächst ein wenig, doch glaube ich, sie wird nicht sehr groß werden, weil sie sehr wenig isst. Heinrich, der eben hier ist, grüsst Dich herzlich.
Ich habe nun wieder eine neue Miss im Hause (eine Jungfräuliche) von 17 Jahren, ein
vollkommener Kontrast von der La Hann, eine Elsässerin, war die
Gesellschafterin der Gräfin Amelie von Lehndorff in Königsberg 1812.
[Schließen]
Hann
, fröhlich und freundlich, groß und schlank, nicht eben sehr hübsch, doch
auch gar nicht hässlich, gut und vom besten Willen, bedarf aber wohl noch
einiger Bildung. Die Liesen sind ihr sehr gut. Sie ist Tochter eines
verstorbenen Predigers aus Fischhausen. Wie ich dazu gekommen bin, wäre für heute zu
weitläuftig zu erzählen.
Ade lieber Carl. Lebe wohl, äußerst wohl!
A. Lehndorff
Hast Du bei dem Grafen Patz viel gelernt?
Zitierhinweis
Amalie Caroline Gräfin von Lehndorff an ihren Sohn Carl Friedrich Ludwig. Königsberg, 4. Dezember 1819. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_jbq_qx2_hy