Steinort, den 29. Febr. 1816

Ew. Hochgeboren

werden gnädigst verzeihen, dass dieser Brief länger ausgeblieben ist wie er sollte, und dass er auch vielleicht nicht so vollkommen sein wird. Mich hat des Schicksals eiserne Hand wieder hart gezüchtigt, heute vor 14 Tagen bekam ich ein hitziges Gallenfieber und war am Rande des Grabes, allein der gute Doktor Schwan hat mich doch mit Gottes Hilfe wieder unter die Lebendigen versetzt, und ich kann doch schon in der Stube etwas gehen und anordnen. Ich glaube, dass hat der außerordentliche Winter schuld, denn es sind außerordentlich viele Kranke. Hier in Steinort waren kürzlich mit Kinder 17 Menschen. Den ganzen Monat Februar haben wir eine außerordentliche Kälte gehabt, bis zu 22 Grad und viele Menschen sind durch den Frost verunglückt, und dabei einen solchen Schnee und Ungestüm, dass man gar nicht von einem Ort zum anderen fahren konnte und Türen und Gebäude ausgegraben musste. In den Gütern ist sonsten alles noch gut, mit der Schäferei sieht es auch schon gut aus, denn es ist in 14 Tagen nur ein Lamm krepiert, und die übrigen sind ja recht munter. Die Böcke auch, nur mit dem Futter sieht es wieder schlecht aus, ich habe schon einige 50 Fuder von Steinort hingefahren und werde noch weiter müssen hinbringen. Die Fohlen und übrigen jungen und alten Pferde sind alle recht gesund und gut im Stande, und bis jetzt noch kein Kropf zu spüren. Von den Fohlen werde ich doch nur höchstens ein paar, die vom Trompador und guten Stuten gefallen, als Hengste gehen lassen, und die anderen nach Ostern schneiden lassen. Ich bin willens, diese jungen Hengste inkl. der beiden 2 und 3-jährigen nach Labab in den Rossgarten zu nehmen. Hier in Steinort kann ich auf der Weide nichts behalten, da ich jetzt von hier aus nicht aufs Lababsche Feld kommen kann; so will ich sämtliche Fohlen, Stuten und vielleicht noch einige, die nicht Fohlen haben, auf die Weideschläge in Labab hüten lassen, und auch da eintreiben, denn hier im Hof Steinort habe ich das Feld nach der Bruchstube brach, da sind keine großen Wiesen, der Teil zum Düngen ist umgestürzt, ein großer Teil mit Klee besät, und die Brücher gewiss dieses Jahr bei dem so entsetzlich vielen Schnee ganz unter Wasser. Gott weiß, wie sich auch das Vieh nähren wird. Nach Taberlack würde ich denn alle 1-, 2- und 3-jährigen jungen Pferde nebst den 3 Stück 4-jährigen vor Farenheidscher Ankunft geben und hüten lassen. Die schwarze Schimmelstute von der Rose, dass wird ein gut Reitpferd werden und auch groß. Haber muss ich aber viel kaufen, denn ich brauche alle Tage

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auf 80 St. Arbeitspferde à 1 1/2 Metz 7 Schfl. 8 Metz
auf 22 St. Fohlen a 1 Metz und 2 Hengste à 1 1/2 Metz 1 Schfl. 9 Metz
auf 12 St. junge Pferde hier in Gr. Steinort à 2 Metz und die beiden großen Wallache à 3 M. 1 Schfl. 10 Metz
in Taberlack auf 6 St. 4-jährige à 1 1/2 M. und 15 St. 2 und 3-jährige à 1 Metz 1 Schfl. 8 Metz
auf die Dienstpferde à 2 Metz 1 Schfl.
auf die hiesigen tragenden Stuten 10 Metz
Summa 13 Schfl. 13 Metz
Ich brauche also bis Ende Mai, da ich den Arbeitspferden bei der Beackerung und dem schlechten Heu Zulage geben muss, noch über 1.300 Schfl. ohne die kl. Kälber und   Unleserliche Stelle [...], und hernach beim Abfohlen der Stuten und unsere Aussaat auf meinen Vorwerken ist höchstens 500 Schfl., und die jungen Pferde und Fohlen Stuten muss ich etwas Körner geben, weil das Heu gar zu schlecht ist und das Erbsen Stroh durch die viele Nässe zu gar nichts und der Klee nicht zu nehmen. Das Vieh ist alles gesund und nach dem Futter auch gut genährt und ist auf allen Vorwerken kein einziges Stück abgegangen. 25 Stück Kälber sind zugelegt, ich hätte sie gern bis auf 36 St. gebracht, allein die Kühe kalben zu spät, und auf den Vorwerken sind die Kälber auch nicht sonderlich. Die Preise des Getreides sind noch die nämlichen, Weizen recht gute 2 Rtlr., Korn 1 Rtlr., Gerste 72 Gr., Haber 45 Gr., Erbsen 72 Gr. Mit der Brauerei geht es recht gut, und auch mit dem Bierdebit, ich habe schon über 80 Ohm gebrannt, nun fange ich an von Gerste zu brauen, weil sonsten mein Bestand von Korn sehr klein werden könnte. Dann nach unserer Brau- und Brennerei und so großem Deputat, und da wir doch so ziemlich viel Weizen säen, ist die Kornaussaat in der Schlagwirtschaft viel zu gering. Die Russischen Bons stehen bald 90(?) und auch 96 p. C. Der Justitiar Leitner ist recht gesund, und er hat für 7.000 Rtlr. Königl. Wald bei Wolfshagen zu Dombrowken gekauft und will künftiges Jahr sich ein Brandhaus bauen, dann wird Rehsau viel verlieren. Landbaumeister Vogt hat seit dem Herbst Gicht und Podagra und kann nicht aus der Stube. Werse ist gesund, die Liesche Sache ist noch gar nicht in Anregung gekommen. Mit den Bauten will ich in nachstehender Art verfahren. Das Insthaus auf 4 Familien in Kittlitz soll das erste sein, dann in Stawken der Schuppen und Reparaturen der Insthäuser, in Serwillen die Bauern-Scheune, die 2 St. Bauernhöfe zu Insthäusern, dann den Pferdestall größer machen, und 2 Inst-Scheunen reparieren, Amalienruh, in Labab den Schuppen und einige Stuben bei den Instleuten, denn sonsten ziehen sie uns wegen des Holzes alle weg, und dann in Stawisken das Gebäude, wo der Bannasch wohnt. Wegen Taberlack bleibt es nun ganz auf den Befehl beruhen, wie dieses Gebäude gebaut werden soll, indessen behelfen wir uns noch ein Jahr recht gut. Ew. Hochgeboren hatte ich doch um Dero Willensmeinung [gebeten], ob Sie durchaus keinen verheirateten Knecht behalten wollen. Für jetzt sind derer 6 St., deren Frauen aber auf keine Art der Herrschaft zur Last fallen, indessen weiß ich aber schon bestimmt, dass Sie doch künftiges Frühjahr einen Garten haben werden wollen, auch Schafe und 1 Kuh zu halten verlangen. Inststellen sind besetzt und nach Stawken, Labab werden sie nicht ziehen, jedoch ich werde alles anwenden um welche dahin zu bekommen. Der H. General Lieut. v. Massenbach war vorgestern hier zu Mittag, er kam von Angerapp und hat mir zur  Liegt nicht bei.
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Einlage
einen Zettel gegeben, sowie H. Schmalz.

Meine Frau mit mir und alle übrigen Tischgenossen empfehlen uns zur ferneren Gnade und ich ersterbe mit Respekt
Ew. Hochgeboren untertänigster

Berent

Zitierhinweis

Inspektor Berent berichtet über die Situation in Steinort, u. a. über die Pferdezucht. Steinort, 29. Februar 1816. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_k1b_v44_3tb