Steinort, 15. Januar 1811
Gnädigster Herr GrafEw. Hochgeboren beide Briefe habe ich gestern mit der Post erhalten und den letzten mit dem größten Vergnügen gelesen, und ich freue mich schon recht sehr, Ew. Hochgeboren mit ehesten wieder hier zu sehen, denn bei den jetzigen für den Landmann so drückenden und so unbestimmten Zeiten ist der hiesige Bauer ganz dämlich geworden, denn er tut nichts wie über die Sachen sprechen, und darüber vergehen Wochen und Tage und am Ende der ganze Winter, und es geschieht nichts. Wir haben hier zwar noch keinen guten Schlittweg, allein ist auch schon der 15. Jan. und im Grunde nichts getan, und der ganze Monat wird vergehen, und die Bauern werden nicht die Hälfte des Achtel Holzes herausfahren.
In den Gütern ist noch alles gut, die Schafe und Fohlen sind gesund, nur die Kälber sind schlecht. Der Hofmann Brose aus Serwillen hat mir 6 Schfl. abgeliefert, die eher schlecht sind. Ich werde alles anwenden, um sie etwas aufzuhelfen.
Den Kämmerer, den mein Vetter mir vorschlug, habe ich kommen lassen, da Sperling seinen nicht geschickt hat, und ihm den hiesigen Kontrakt der Kämmerer vorgelegt, er ist nicht abgeneigt, ihn einzugehen, indem ich ihm versprochen habe, da er so ein vorzüglicher Schirrarbeitmacher ist, dass ihm Ew. Hochgeboren dafür eine Zulage geben werden.
Bei uns ist noch nichts organisiert von der Diese
war das Kernstück des Finanzedikts vom 27. Oktober 1810. Gemeinsam mit
der Luxussteuer erhoffte sich Staatskanzler Hardenberg hieraus Einnahmen
von 5,5 Millionen Taler jährlich. Dabei wurde die Luxussteuer weniger
aus fiskalische Gründen erhoben, vielmehr sollte sie der durch den
Steuerdruck zu erwartenden Unzufriedenheit der unbegüterten, aber
umsomehr Steuern zahlenden Bevölkerung begegnen, siehe hierzu: Klein, Ernst, Von der Reform zur Restauration. Finanzpolitik und
Reformgesetzgebung des preußischen Staatskanzlers Karl August von
Hardenberg, Berlin/Boston 2018, S. 38 ff.
[Schließen]Land-Konsumtions-Steuer da ich den Bezirks-Einnehmer bat, dass er Steinort zuletzt vornehmen soll, und wir
gehen noch in allem unseren alten Gang, nur der böse Feind hat dieses Jahr sein
Spiel mit der Windmühle, denn vorgestern ging das große Mühleisen entzwei,
welches in dieser gangen Gegend vielleicht kein Schmied machen kann.
In den Provinzen, in denen der Adel nicht von der
Grundsteuer befreit war, hatte er sich den Unzufriedenen angeschlossen
und sich teilweise zum Wortführer gemacht. So hatten sich im Kreis
Seehesten die adligen und kölmischen Kreisstände versammelt und eine
Protestresolution gegen die Land-Konsumtions-Steuer verfasst, die der
Regierung zu Gumbinnen, dem Oberlandesgericht und dem König zugeschickt
worden war. Während die Remonstranten bei der litauischen Regierung und
Präsident Theodor von Schön mit
einer wohlwollenden Aufnahme ihres Protestes rechnen konnten, stieß
dieser in Berlin auf scharfe
Ablehnung. Die adligen Teilnehmer wurden verhaftet, bald darauf aber als
„verleitete Teilnehmer‟ der Aktion wieder freigelassen. Herr von
Bieberstein wurde als Anstifter und Wortführer zu 6 Monaten Festungshaft
verurteilt. Als Rechtfertigung hatte er vorgebracht: „Dass über die
große Härte des Steuer-Ediktes und die Unmöglichkeit, dieses Gesetz zu
erfüllen, im ganzen Staate nur eine Stimme ist, mit Ausnahme der
Steuer-Offizianten, glaube ich, darf nicht erst bewiesen werden; und
ebenso, dass erwähntes Gesetz eine große Erbitterung aller Gemüter im
Staate erzeugt hat. Der Barthensteinsche Kreis befürchtete eine völlige
Revolution und machte Vorstellungen dagegen an Se. Majestät den König
unmittelbar. In Schlesien war es sogar Veranlassung, dass Bürgerblut
geflossen.‟ Die Kreisstände baten um Begnadigung bei Statskanzler
Hardenberg, der sie an den
König verwies. Ob diese erfolgte, ist nicht bekannt, vgl. ebd., S. 39.
[Schließen]Von der Arretierung der adel. Gutsbesitzer wissen wir
weiter nichts, als das H.
Kayser gestern von Doben kam und erzählte, dass vorgestern durch ein
Kommando Schwarzer Husaren der Herr v.
Kollrepp, der H. v.
Bieberstein und der H. v.
Szieranowsky nach Rastenburg gebracht worden sind.
Zu Aufnahme der Gewerbe- u. Fabriken-Steuer war der Kapitän Gerhardt aus Angerburg hier, zu Lösung des Gewerbs-Scheins sind wir alle
sowie auch Handwerker, Krüger, Schänder, Hofleute, Jäger und Kämmerer notiert,
allein mit der Diese brachte so wenig ein, dass der
Finanzminister ihre Aufhebung vorschlug, die durch Kabinettsordre vom 2.
März 1814 rückwirkend zum 1. Dezember 1813 erfolgte.
[Schließen]Luxus-Steuer bin
ich vorderhand soweit durch, dass bloß der Wagen zur Abholung des Justitiarii
und Predigers in diese Qualität notiert ist.
Die Getreidepreise sind zwar äußerst schlecht, nur bitte ich dieses ja zu bedenken, dass, wenn wir im Winter nicht nach Königsberg fahren, im Frühjahr, bei offenem Wasser, mag der Preis so hoch kommen wie er will, wir nicht im Stande sind, etwas hinzuschaffen, denn jetzt braucht der Bauer bloß zu einer Königsbergschen Reise mit seinen Einrichtungen wenigstens 8 Tage.
Meine Frau wie auch Herr Gaehler empfehlen uns aufs beste sowie auch allen hohen Herrschaften und ich habe die Ehre mich zu unterzeichnen
Ew. Hochgeboren untertänigster BerentZitierhinweis