Steinort, d. 1. April 1820

Gnädiger Herr Reichsgraf!

Ew. Hochgeboren habe zwar benachrichtigt, dass ich 53 Stück echt Spanische Mutterschafe ausgezeichnet, wurde aber von Hochdieselben auf Feinheit und Egalität der Wolle aufmerksam gemacht, so habe nach abermaliger genauer Durchsicht die Zahl der vorzüglich ganz echt Spanischen alten und Zeit Schafe bis auf 43 Stück herabgesetzt. Eine  Diese liegt dem Brief bei. Sie trennt in veredelte Schafe (Schafe und Hammel) sowie echt Spanische (Böcke, Mutterschafe) und verzeichnet in der Summe 439 Stück. 7 Lämmer waren verlorengegangen, ein spanisches Mutterschaft hatte ein Lamm mit schlechter Wolle und war demnach „auf Abwege‟ geraten.
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Liste der vorhandenen Schafe
wie auch eine  Die Liste der 20 tragenden Stuten liegt dem Brief bei, bei einer weiteren war Steiner unsicher, eine Stute hatte ihr Fohlen verworfen.
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Liste der tragenden Stuten
überreiche angebogen ganz untertänigst.
Die Schafe sind nach Ew. Hochgeboren Befehl den ganzen Winter hindurch im Stall getränkt und die Mutterschafe, so Lämmer haben, bekommen täglich zweimal eine hinlängliche Quantität Schrottrank, worunter auch Leinkuchen, wobei sie sich recht wohl befinden, auch gewöhnen sich viele Lämmer daran, dass sie nach dem Tränken wie aufgeblasen, nur darf der Trank nicht länger als 2 Stunden in den Krippen stehen, sonsten findet sich gleich von der Nässe des Düngers ein säuerlicher Geschmack, obgleich Unterlagen unter die Krippen sind, welches aber sehr leicht vermieden werden kann.
Die Lämmer sind größtenteils sehr schön und stark, nicht wie in früheren Jahre, dass viele zusammengezogen und den Tod aufm Rücken trugen. Die Witterung war außerordentlich schön, die Stallungen konnten seit 20. Januar immer offen stehen und konnte die Lämmer oft vor dem Stall bei schönem Sonnenschein stundenlang die angenehme frische Luft genießen, wobei sie mit schnellen Schritten aus ihrem gefährlichsten Zustande heraus mussten, Herr Graf Hochgeboren würden viele erheiternde Stunden bei sie haben.
Ausgedroschen ist mehrenteils, bis auf wenig große Gerste in Groß und Klein Steinort. Das Getreide hat ziemlich gelohnt, im Durchschnitt sind 7 1/2 Körner Weizen, 4 1/2 Körner vom Korn, 5 Körner vom Haber und Erbsen. Die Instleute werden mit Holzbeschlagen beschäftigt.
Gerne möchte ich in Klein Steinort einen Zaun von Lehm zwischen die Kämmererwohnung und Schafstall, wo man durchs Tor aufs Vorwerksgehöft passiert, machen, wozu Lehm bei Gelegenheit angefahren werden wird, auch ein Backofen, welcher da sehr nötig, wird zu gleicher Zeit angelegt, der Herr Inspektor hat hierzu seine Einwilligung gegeben, welches Ew. Hochgeboren nicht missbilligen werden.
Gesund sind die Schafe und alles übrige Vieh und Arbeitspferde.
In Taberlack ist der Ochsen-Dünger auf dem Pferde-Dünger nach Dero Befehl gefahren.
Der alte Herod hat uns nach der Abreise des Herrn Grafen keine Freude mehr gemacht, den Tag darauf wurde er krank und so schwach, dass er nicht mehr stehen konnte, wurde Tag über in Sielen gefangen und des Nachts ruhte er, aber mit weggestreckten Füßen, worauf er nach wenigen Tagen starb. Der Kadaver wurde geöffnet, alles war gesund bis auf die Leber, welche in der Krankheit angegriffen und in Brand übergegangen war. Darauf fiel die Normande in einen stark laufenden Kropf und starb nach 5 Tagen. Der Roßarzt Hempel war bei der Öffnung und versicherte, dass keine Hilfe vor 3 Monat gewesen wäre, innerlich war alles in Eiterung und Fäulnis übergegangen wie bei der Clarisse. Die Bajadere litt sehr stark an Nieren-Entzündung, der Roßarzt Hempel verordnete täglich 2 mal Klistier zu setzen und verschrieb sogleich eine   Unleserliche Stelle [...], nach einigen Tagen kam der Roßarzt Schüller aus Trakehnen, welcher die Stuten für Landbeschäler konsigniert, der sie auch gefährlich fand, verschrieb Medizin und verordnete eine Handvoll Salpeter ins temperierte Saufen zu geben, worauf sie sehr langsam und ziemlich hergestellt wurde. Die Pallas hatte die nämliche Krankheit, wurde aber bald gesund. Die Huona hat an einem Kropf am linken Ohr sehr lange gelitten, obgleich mit Altensalbe geschmiert wurde erreifte er erst nach 4 Wochen, wo nach dem Öffnen viel Materie herausging und ist seit 14 Tagen wiederhergestellt. Die Stute mit schlechten Hufen ist an den Kapitän v. Wülknitz aus Rastenburg für den festgestellten Preis verkauft, die Hufe wurden etwas besser. Die Zuchtstuten wurden täglich mit dem alten braven Schimmel probiert, und finden sich so viele, dass der Hauptbeschäler Jarrich bis heute schon 12 Stuten gedeckt hat, worunter einige 3 Sprünge haben.
Der Jarrich ist ein schön Pferd, nur schade, dass er schlechte Augen hat. Herr Landstallmeister v. Burgsdorf versichert, er hätte sie von einem verhitzten Kropf, und es könnten die vorzüglichsten Stuten damit gedeckt werden, es wäre kein Erbfehler. Der Herr v. Farenheid lobte ihn ebenfalls und wird eine von seinen vorzüglichsten Stuten hier decken lassen, und in die Stelle soll die Malitcoma noch außer der Britannia mit Trumpator gedeckt werden. Nach Trakehnen sind den 21. März die Huona, Heliotropa, Tispe, Sultane, Trumpatore und junge Lilie hingebracht, die Tusnelde hatte eine Drüse und blieb deshalb zurück, in   Unleserliche Stelle [...] soll die junge Rosa nach dem Abfohlen hingebracht werden, mit welchem Hengste die Stuten belegt werden, wird Herr Landstallmeister v. Burgsdorf Hochdieselben benachrichtigen. Dass Buzzard mit Tode abgegangen, wird der Herr Graf wohl schon bekannt sein. Eine Rückerinnerung erregt der Fuchs von der Sally an den Tod seines Vaters täglich, leider ist er nebst anderen Fohlen stark im Kropf, kaum ist eines besser, dann ist das andere schon wieder krank, ein Glück, dass wir noch mit dem Kranken abkommen, die Trakehner klagen sehr über den Kropf. Die alte Salbe wird sehr gebraucht wie auch andere Mittel, die Rollemer vorschreibt.
Die   Unleserliche Stelle [...] des Artold sind wie früher, er selbst ist etwas größer und stärker geworden, den Pirzel klemmt er aber bei jedesmaligem Aufsitzen, er hebt ihn auch nicht gleich.
Die ersten  Setzen des Lehndorffschen Brandzeichens
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Brände
der jungen Pferde sind besser wie die letztern, nur die Heliotropa hat unter dem L noch einen Zoll lang Schorf, dem Artold verwächst er recht gut, die Huona, Stella, Metheora, Tusnelda und Trumpatore sind sehr gut gebrannt, letztgebrannte haben wenig Kennung und müssen noch einmal gebrannt werden. Die englisierte, als Huona und Tispe purzeln und machen sich sehr gut im Reiten und sind folgsam. Das Rappfohlen, welches in Angerapp erkauft, verspricht ein vorzügliches Pferd zu werden. präsentiert sich jetzt wie das rechte und schönste Fohlen.
Nach Stawken sind wieder zwei Landbeschäler gekommen, wovon der eine mit Zoalet, von Meteor und Maus braun, ein gut Pferd hat, aber nur 5 Fuß, der andere namens Blackboy, ein Rapp, Bruder des Ornoko, hat 5 Fuß 4 Zoll aber nicht so schön wie der Ornoko, womit einige Stuten aus die Arbeitsgespanne gedeckt worden, wenn unser Herrgott den Segen dazu gibt, haben wir viele Fohlen zu erwarten und wird ersetzt werden, was wir dieses Jahr wenig haben (nämlich Jährling). Die Witterung ist sehr angenehm gewesen, das Frühjahr beginnt mit starken Schritten und jetzt haben wir gewöhnliches Aprilwetter, vor späte Nachtfröste behüte uns Gott, so haben der Herr Graf wieder ein ziemlich gesegnetes Jahr zu erwarten, die Saat hat bis jetzt noch keinen Schaden genommen.

Ich verharre Ew. Hochgeboren ganz untertänigster Diener

Steiner

Zitierhinweis

Inspektor Steiner an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Steinort, 1. April 1820. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_qf3_vw3_3tb