Vgl. die Ausführungen des Predigers Oldenberg für den Central-Ausschuss für innere Mission in: EZA 7/19141, Bl. 152 ff., vor allem ab Bl. 54 über das religiöse Leben, Kirchen und Gottesdienste: „Nachdem die Orgel zu spielen beginnt, hebt der Gesang an. Der Masur singt zwar gern, viel und laut. Er singt mit innerer Beteiligung. Er hat ein reiches Gesangbuch, das die schönsten auch unsere deutschen Kirchenlieder in edler Übertragung enthält. Das masurische Gesangbuch ist ein wertvoller Volksschatz.“
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In den meisten Kirchen unseres Bezirks hat der Kirchengesang wie das Orgelspiel noch nicht die Würdigung und Pflege gefunden, die dem erbaulichen Gottesdienste unentbehrlich ist. Fast überall sind nur die gangbarsten Melodien zur Geltung gekommen und weder den Vor- und Nachspielen noch dem Vortrage der Choräle selbst hat man die erforderliche Sorgfalt zugewandt.

Um diesen Übelständen abzuhelfen, hat das Königliche Ministerium die Einrichtung einer Gesang- und Orgelschule in Gumbinnen genehmigt. Dieselbe ist unter der Leitung des Kantors Ungewitter in Gumbinnen während der letzten Sommer-Schulferien eröffnet und haben an dem ersten Kursus 7 Organisten resp. Lehrer mit günstigem Erfolge teilgenommen. In den kommenden Jahren wird allmählich auch den übrigen Kantoren und Lehrern gleiche Gelegenheit zum Fortschreiten in diesem wichtigen Teile ihrer Funktion geboten werden.

Um diese Förderung des erbaulichen Kirchengesanges und Orgelspieles aber allgemein und nachhaltig zu machen, wenden wir uns im Einvernehmen mit dem Königlichen Konsistorium an Euer Hochwürden mit dem Auftrage, gemeinsam mit Ihren Synodalen dafür zu sorgen, dass tunlichst jeden Monat eine der bisher unbekannt gebliebenen Melodien den Gemeinden zugänglich gemacht, geübt, auch darauf zu halten, dass den Organisten die Lieder für den kommenden Sonntag schon in den ersten Tagen der Woche gegeben werden, damit die Organisten wohl vorbereitet mit angemessenen Prä- und Postludium zur wirklichen Erbauung der Gemeinde die Choräle würdig vortragen.

Den Kirchschullehrern ist daneben das Vertrauen auszusprechen, dass sie von ihrer Seite allen Fleiß zur Hebung der kirchlichen Andacht verwenden werden, zugleich aber auch bemerklich zu machen, dass hierin etwa Saumselige mit Nachdruck zu ihrer Pflicht angehalten werden und nach Befinden solchen noch eine besondere Prüfung im Orgelspiel und Kirchengesange auferlegt werden wird.

Sollte es irgendwo an geeigneten Vor- und Nachspielen fehlen, so ist der Dirigent der Gumbinnener Orgelschule zu näherer Auskunft gern erbötig.

Über die Erfolge, welche die Nachachtung dieser Verfügung bringen wird, erwarten wir in jedem Kirchenvisitationsbericht eingehende Auskunft.

Königsberg, den 16. März 1864. Gumbinnen, den 23. Februar 1864

Königliches Konsistorium Königliche Regierung, Abteilung des Innern

gez. Eichmann gez. Kühnast

Abschrift zur Kenntnisnahme und Nachachtung,

Gumbinnen, den 29. März 1864

Königliche Regierung, Abteilung des Innern Licher(?)

An den Herrn Pfarrer Borkowski Hochwürden in Rosengarten

Zitierhinweis

Evangelisches Konsistorium der Provinz Ostpreußen und Königliche Regierung an Johnn Carl Borkowski. Königsberg, den 16. März 1864. Gumbinnen, den 23. Februar 1864. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_rsv_kbn_4bb