Hochgeborene Reichsgräfin,
Insonders Hochzuehrende Frau Gräfin, Gnädige Frau.

Erstlich danke vor Ihro gnädigen guten Willen, dass Ihro Gnaden mich der Freiheit gegeben haben, länger in Serwillen zu bleiben, und dagegen auch wiederum, wenn ich nicht bleiben wollte, meine Dimission haben sollte, so danke gnädigst vor beiderlei.
Ich wollte wiederum Ihro Gnaden eine Vorstellung tun, dieweil ich noch nicht in so einem Stande gewesen bin, und mich dieser so wunderlich vorkommt, dass der sel. Arrendator Albrecht Wilewski alle die Gebäude, die er unter seiner Disposition gehabt, in so einem miserablen Stande gehalten hat, dieweil mir dadurch viel Schaden widerfahren ist, also befürchte ich mich, dass mich dieses Jahr wiederum geschehen möchte. Nun bitte Ihro Gnaden, wenn Ihro Gnaden mir länger behalten wollten, und in diesem allen behilflich sein wollen, wie ich hoffe, dass Ihro Gnaden auch wohl könnten. Wie folgt:

1. Die Gebäude an dem Hofe laut dem Inventario wie auch die Schwellen in allen Gebäuden sind verfault, das Fachwerk fällt aus, die Dächer sind nichts nütze. In dem Viehschuppen, wenn der Mist ausgeführt wird worden, ist nicht möglich, dass die Kühe darin können gehalten werden.

2. Die beide Gärtnerhäuser sind so baufällig, dass kein Mensch darin wohnen kann, imgleichen auch die drei Stuben, wo die Gellfußsche und die beide Gärtner Pommern und Masuch darin wohnen, auch im schlechten Stande.

3. Das Gebäude in Schültzen, welches auch baufällig ist und von Grenda bewohnt wird, selbiger sagt, dass ihm der sel. Wilewski versprochen, das Gebäude in den Stand zu bringen, dieses auch billig wäre, dieweilen so viele Jahre den Nutzen davon gehabt jährlich 21 F. ohne den Schoss und Dezem.

4. Wegen des Müllers, da er doch das ganze Jahr alle die Teiche nutzt.

5. Bitte ich wegen der Graben auf den Wiesen, die der selige Wilewski nicht im Stande gehalten, wiederum von Ihro Gnaden in vorigen Stand bringen zu lassen, wie sie vor alters gewesen sind, und alsdann können ein ganz Schock Kühe gehalten werden.

6. Sind vorhero laut dem Inventario 25 Stück alte, 3 Stück junge Bienen gewesen, und der Bauer-Garten auch damals in gutem Stande war, nämlich a 15 Stck. Apfel- und 3 Stück Birnbäume versehen, wo bleibt mir aber der Nutzen davon wie auch von den Teichen.

7. Bitte auch wiederum laut dem Kontrakt, dass die Serwillsche Bauern mir das Achtel Holz anfahren mögen.

8. Bitte auch gnädigst die 100 F., die in dem neuen Kontrakt, und den neuen Schoss gnädigst auszustreichen wollen, dagegen ich Ihro Gnaden das Gut Serwillen allezeit treu und redlich versehen will.

9. Wenn ich nicht Hilfe und Rat von Ihro Gnaden bekommen kann, so wollte ich wiederum lieber nach Drengfurt ziehen und allda mein Stückchen Brot suchen.

Zitierhinweis

Der Pächter von Serwillen Johann Wiedtke schreibt an Gräfin von Lehndorff wegen Änderung seines Vertrages. 9. April 1743. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_u4z_kq2_xrb