Drengfurt, den 29. Januar 1867

Ew. Hochgeboren

haben am 29. M. in der Kirche des Sonntagmorgens mich so unerwartet und aufrichtig erfreut, dass ich recht bedaure, nicht die Sprache und den Humor  Der Name ist in Ostpreußen verbreitet. Worauf sich der Pfarrer bezieht, ist unklar.
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zu besitzen, um unter gleichzeitiger Schilderung der Situation beim Einkehren des noch nicht dagewesenen Gastes Ihnen meine Freude und meinen Dank in einer solchen Weise aussprechen zu können, dass Sie mir gleichen Genuss der Freude und einen gleichen wohltuenden Eindruck erhielten, als er mir durch Ew. Hochgeboren wohlwollende und unverdiente Aufmerksamkeit zuteil geworden. So muss ich mich indes darauf beschränken, neben meinem herzlichsten und verbindlichsten Dank für das schöne Tier noch den gleichen meiner Frau hinzuzufügen, der es bisher nicht gelungen, dergleichen auch nur ähnliches im Wege des Kaufes zu erlangen, und die nun durch das reiche Geschenk ihre Küche so ansehnlich bereichert sieht, und der Sie nun ein Mittel in die Hand gegeben haben, vor einem lieben Gast oder Hausfreunde Ihre Güte und Liebenswürdigkeit rühmen zu können.

In Betreff der Politik ruht hier eigentlich alles, was auch für die hiesigen Verhältnisse bei dem nur geringen Grade politischer Reife und politischen Urteils, nach meiner Überzeugung, offenbar das Beste ist. Insonders für das Parlament scheint ebenso das Interesse, als das Verständnis seiner Bedeutung zu fehlen. Es fehlt daher auch, bis jetzt wenigstens, an jeder Agitation. Die einzige Tätigkeit, die bisher hier entwickelt worden, geht, soviel ich höre, von dem hiesigen Gendarmen aus, der für die Kandidatur des Herrn Baron vom Romberg vielfach Stimmzettel austeilen soll. Von der anderen Seite, wenn überhaupt bereits in dieser Sache noch von einer Gegenpartei die Rede sein kann, die nicht das gleiche Ziel mit unserer Regierung wollte, geschieht, soweit ich höre, schlechterdings nichts, scheint nicht einmal die Lust zu wählen vorhanden zu sein. Hiernach möchte die Wahl des Herrn Baron in Stadt und Vorstadt als die wahrscheinlichste anzusehen sein. Über die übrigen Orte des Kirchspiels fehlt mir freilich jede Kenntnis, da ich jetzt wie bisher in meiner 10-jährigen pfarramtlichen Wirksamkeit politische Gespräche öffentlich und selbst privatim, es sei denn mit Herrn von   Unleserliche Stelle [...] oder meinen anderen anvertrauten   Unleserliche Stelle [...] grundsätzlich vermeide – da ich geglaubt, dass meine Ansicht oder Wahrnehmung hier Ew. Hochgeboren in diesem Fall von Interesse ist, habe ich sie mitzuteilen nicht unterlassen mögen.

Mit der Versicherung meiner dankbaren, aufrichtigen Hochachtung Ew. Hochgeboren ganz gehorsamster

W. Simon Pfarrer

Zitierhinweis

August Wilhelm Simon an Anna Gräfin von Lehndorff. Drengfurt, 29. Januar 1867. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_v2c_qs4_jdb