Beynuhnen, 24. Sept. 79

Sehr hochgeehrte Frau Gräfin!

Ihren so liebenswürdigen Brief habe ich erhalten und bin durch seinen warmen Ausdruck tief gerührt. Ich fühlte voraus, dass Sie mir eine warme Teilnahme schenken würden und dass Sie weit davon entfernt sind, das, was Beynuhnen bietet, als ein zufälliges Sammelwerk anzusehen, sondern die innere Einheit empfinden, welche das Ganze verbindet, woraus alles so entstehen musste.

So sind  Vgl. zu dieser GStA PK, I. HA, Rep. 76 Ve Sekt. 2 Abt. III Nr. 4.
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Beynuhnens Kunstsammlungen
nur   Unleserliche Stelle [...] entstanden aus einem unbewussten, dunklen Drange, viel geängstet(?) und gequält, bis dieser Drang Gestalt annahm; zuerst im kleinen, schüchternen   Unleserliche Stelle [...], denn niemand wollte sich desselben freuen - dann endlich mit erneutem Mute zu größeren Versuchen. - Jedes Zufällige, Heterogene wurde nun ausgeschlossen, um dies innere ideale Ziel   Unleserliche Stelle [...] zu wahren. - Alle diese Werke der Christen und Römer bis hinab zu der Renaissance der Italiener, Werke verschiedenster Epochen der   Unleserliche Stelle [...] der Menschengeister, Werke aus den tausendfach neu befruchteten und bewegten Künstlerseelen entquollen - sie sollten hier nicht stören eins das andere, sondern in schöner Harmonie ihrer idealen Einheit eine umfassende harmonische Schöpfung gründen. - Sie sollten Bekenntnis gewähren, wie die Menschenseele stets nach ihrer Befreiung verlangt und in großen, eigenartigen Zügen, gemäß der Muse ihrer inneren Kultur, die Züge ihres Ideals immer höher und schöner und stets von neuem zu gestalten wusste.

Dass es Nahrung des Herzens und des Geistes gewährt, jenen hohen Geistern in ihren erfülltesten Stunden nachzufühlen, und was sie in so gereifter Stunde für eine Welt erschafften, andächtig zu betrachten, sich zu dem Verständnis annähernd hinauf zu zwingen und das Geschaute tief in dem eigenen Herzen zu bewahren - ist sicher wohl Gewinn! Ein stetes Streben, ein stetes Leben!

Aus diesem Geiste ist meine schwache Schöpfung entstanden und aus diesem Geiste will sie verstanden sein! - Ihre so schönheitsbedürftige Natur, verehrteste Gräfin! wird mir ein beifälliges Urteil nicht versagen.

Den verehrten Ihrigen meine herzlichen Empfehlungen. Ein baldiges Wiedersehen wird mich sehr erfreuen.

In alter treu ergebener Gesinnung

Fr. von Farenheid

Zitierhinweis

Fritz von Farenheid an Anna Gräfin von Lehndorff. Beynuhnen, 24. September 1879. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_y3f_bqd_3db