Königsberg, den 17. September 1736

Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König
Allergnädigster König und Herr!

Ew. Königliche Majestät wird es sonder Zweifel allbereits in hohen Gnaden bekannt sein, was maßen ich in meinen Steinortschen Gütern, Angerburgschen Amtes, den 15. Mai a. c. auf meinem Grund und Boden ein  Elch
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Elend
, welches 2 Kälber bei sich hatte, mit dem einem Kalbe fällen, das andere aber fangen und an den Hof nehmen lassen. Nun kann ich Ew. Majestät auf mein Gewissen versichern, was maßen ich, meines Teils wegen, der mir allergnädigst verliehenen großen Jagden, anderen Teils daher, dass dieses Tier allbereits wirklich gesetzt gehabt, und aber auf diesen Fall es sowohl die Usance, als auch die ratio legis erlaubt, ein dergleichen Tier frei zu fällen, mir es nicht anders vorstellen können, auch niemalen anders gewusst habe, als dass mir solches zu tun nie untersagt worden, und ich also solches zu tun vollkommen berechtigt wäre. Wenn aber allergnädigster König und Herr Höchstdieselben dieserhalb und zu Untersuchung dieser Sache eine Kommission zu verordnen allergnädigst geruhen wollen, welche doch sonder Zweifel bloß dahero festgesetzt worden, weilen der Wildnis-Bereuter in Angerburg, Röckner, welcher mir 14 Rtlr. schuldig ist, und darum ich ihn eben damalen mahnen lassen, allein noch bis diese Stunde nicht wiederbekommen habe,  Die Anzeige Röckners vom 6. Juni 1736 liegt der Akte bei. Darin verweist er darauf, dass der Abschuss der Tiere in der Setz- und Brutzeit erfolgte und verschiedene Edikte ihn zu dieser Anzeige verpflichten, auch „damit sich die übrigen Herren von Adel nicht auch drauf beziehen und bei dieser verbotenen Setzzeit sich des großen Wildbretschießens gleichfalls in ihren Gütern bedienen möchten“.
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aus Konfideration dessen diese Affaire in gar zu odieusen terminis höheren Ortes beigebracht haben muss,
als flehe ich Ew. Königliche Majestät in allertiefster Untertänigkeit an, Höchstdieselbe geruhten allerhuldreichst bei dieser der Sache Bewandtnis mich aller dergleichen unnötiger Weitläuftigkeiten bei diesen kümmerlichen Zeiten, da ich alle Mühe zu Abtragung meiner Kontribution und übrigen Onerum anwenden muss, allergnädigst zu überheben und nach Aufhebung der festgesetzten Kommission und alles fernerweitigen dieserhalb mühsam zu führenden Prozesses sich allergnädigst zu erklären,  Dazu gab es klare gesetzliche Regelungen, so das „Edikt wegen Schonung des Wildbrets in der Setz- und Brüte-Zeit“ vom 19. Oktober 1724, vgl. Mylius, Christian Otto, Corpus Constitutionum Marchicarum ..., IV. Teil, 1. Abtlg., Nr. CXX.
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wie Höchstdieselben es künftighin in dergleichen Fällen von mir gehalten wissen wollen,
eventualiter aber, woweder man dennoch hiermit auf das feierlichste protestiert, dass diese Sache alsofort niederzuschlagen, es Ew. Majestät bei obigen Umständen dennoch nicht gefallen sollte, doch wenigstens zu Menagierung unnötiger Weitläufigkeiten und Unkosten die Sache nach aufgehobener Kommission (als deren Untersuchung es bei dieser unstrittigen der Sache Verfassungen nicht von Nöten) bei E. Königlichen Hochadligen Hofgerichte tanquam foro ordinario gehorsamst entscheiden zu lassen,

die ich mich zu Ew. Königl. Majestät weitgepriesener Huld und Gnade allergnädigster Erhörung vorsehe und in allertiefster Submission verharre
Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König
Allergnädigster König und Herr
Ew. Königlichen Majestät alleruntertänigste Dienerin

Louisa Maria verwittibte Gräfin von Löhndorff geb. von Wallenrodt in Assistenz

Zitierhinweis

Maria Louisa Gräfin von Lehndorff an Friedrich Wilhelm I. König von Preußen. Königsberg, 17. September 1736. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_z43_j5x_d1b