Regest:
Auf Requisition der Gräfin von Lehndorff
wird im Hof Pristanien durch den Richter
Langhans aus Angerburg gegen den Schmied Michael Scheimann aus Stawken verhandelt. Dazu wird der Krüger von
Pristanien, der 58-jährige Christoph Eisermann verhört. Er gibt zu Protokoll,
dass der Schmied sehr häufig mit den Leuten zusammengeraten sei und mit seinen
Brüdern viel Unheil in den Gütern anrichte. Er habe die Leute z. B. in der
Michaelisnacht beim Feiern gestört, die Magd Catharina
Duschkin geschlagen und andere beschimpft. Nach einem Besuch auf dem
Töpfermarkt habe er sich im Krug betrunken, randaliert und andere, die ihn davon
abbringen wollten, beschimpft und angegriffen. Die Ursache sei, dass er vor einiger
Zeit selbst Krüger werden und ihn herausdrängen wollte. Zeugen der Exzesse seien auch
der Schulze zu Labab und der Arrendator von Stawken.
Der Schmied Michael
Scheimann gibt an, 20 Jahre alt und lutherischer Religion zu sein. Nachdem ihm die
Anklage verlesen wurde, gibt er alles zu, doch habe ihn die Magd als einen Dieb
beschimpft. Sie wird dazu befragt und erklärt, dies stimme nicht. Er hätte ihre
Schwester geschlagen, die ihm kein Flachs gebrochen habe, diese hätte ihr gesagt, er
hätte schon in Drengfurt und Steinort Prügel bekommen. Scheimann gibt die Magd
Dorothea Scheimann als Zeugin an. Nach
Magd und Schwester wird geschickt und Scheimann wegen des Vorfalls im Krug befragt.
Er gibt an, in Angerburg gewesen zu sein
und dort 1 Stof = 1,425 Liter
[Schließen]1 Stof Bier getrunken zu haben, in Pristanien
habe er weitere 2 1/2 Stof Bier getrunken, dann sei er „besoffen‟ gewesen, habe sich
übergeben müssen und dabei den Rock des Schulzen Nowack von Kittlitz
verunreinigt. Was weiter geschehen sei, wisse er nicht, bis ihn der Schulze
geschlagen und man ihn herausgeworfen habe. Dann sei er nochmals in die Wirtsstube
gegangen und habe den Arrendator von Stawken gefragt, weshalb man ihn geschlagen habe, habe auch noch Bier
getrunken. Es hätte jedoch keinen „Lärm‟ mehr gegeben, schon gar nicht hätte er
jemanden beschimpft. Da er sehe, „dass ihm alle Leute so feind‟, wolle er den Krug
nicht mehr haben, wenngleich „dieser Krüger wegkommen sollte‟.
Auch der
52-jährige Bruder aus Pristanien wird verhört, der auf dem Angerburgschen Jahrmarkt dabei war. Gemeinsam mit
dem Schulzen zu Labab hätten sie 2 Stoff
Bier, Scheimann dabei 3 halbe Bier getrunken, der Schulze hätte für Scheimann
bezahlt. „Ganz nüchtern‟ seien sie nach Pristanien gekommen und hätten dort noch 1 Stof Bier getrunken. Er
wisse nicht, wovon der Schmied „sich besoffen gehabt‟, es sei denn, er habe bereits
anderweit in der Stadt getrunken. Auch habe er einen „schwach Kopf‟. Der Schulze zu
Labab Martin Rompel meint, sie hätten in
der Stadt 1 Stof getrunken, korrigiert aber auf 3 halbe, dann auf 2 Stof. In
Pristanien seien es dann 3 Stof gewesen. Scheimann hätte Nowack als einen „Hundsfott‟
beschimpft.
Die eingetroffenen Mägde können nicht bezeugen, dass Scheimann wegen
Diebereien geschlagen worden wäre.
Das Urteil bescheinigt dem Schmied, dass er
ein „wüster wilder Mensch‟ sei, der nicht nur dem Trunk, sondern auch der Schlägerei
zugetan ist. Aus seinen angestifteten Händeln hätte „Tod und Mordschlag‟ entstehen
können. Anderen „gottlosen Leuten zum merklichen Exempel‟ wird er zu 40 Stockschlägen
verurteilt und hat 2/3 der Gerichtskosten zu tragen. Dessen Bruder aber, der im Krug
ebenfalls Händel angefangen und den Krüger beschimpft hat, wird zu 18 Stockschlägen
und 1/3 der Gerichtskosten verurteilt. Die Magd Catharina, die mit ihren falschen
Behauptungen zu allem Anlass gegeben hat, wird zu 5 Stockschlägen verurteilt. Schulze
Nowack wird ermahnt, bei solchen Händeln, vor allem gegen Betrunkene, nicht tätlich
zu werden, auch er müsse sich sonst verantworten.
Zitierhinweis
Der Schmied Michael Scheimann aus Stawken wird wegen wiederholter Gewalttätigkeit in betrunkenem Zustand durch Gräfin von Lehndorff vor das Patrimonialgericht zitiert. Pristanien, 23. März 1750. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail_doc.xql?id=lehndorff_dtw_bm5_kqb