Actum Silberbach, d. 16. Decembr. 1737

Nachdem der Hans Kolberg allhier, welcher ein eigen Häuschen und von der gnädigen Herrschaft gegen einen gewissen Zins 1 Hube Acker besessen, vor 1/4 Jahr Todes verblichen, und dessen hinterlassene Wittibe solchem ferner vorzustehen sich nicht getraut, hingegen aber der Knecht Erdmann Holtzcke, so die älteste Tochter namens Elisabeth zu heiraten gesonnen, sich um diese Gelegenheit gemeldet und bei der Hochburggräflichen gnädigen Herrschaft untertänigst Ansuchung getan, dass ihm solche möchte gnäd. konzediert und überlassen werden. Wenn nun Hochgedachte Hochburggräfliche Herrschaft in des erwähnten Erdmann Holtzcken Bittgesuch nicht allein gnädigst gewilligt, sondern Tag pro termino angesetzt und zugleich dasjenige, so die tote Hand nachgelassen, sowohl der Wittibe als ihren unmündigen Kindern zu gut ordentlich inventiert worden, als ist in Gegenwart des wohlachtbaren Gerichtsgeschworenen Johann Schmischken und des hiesigen Schulzen Bernhard Friesen vorerst der Wittiben Vermögen durchgegangen und wie folgt befunden worden:

Es folgt eine  Siehe das beigefügte Digitalisat.
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Auflistung des Vermögen
der Witwe. Getreidebestände, Pferde, Hausrat. Davon werden verschiedene Positionen abgezogen: Zins für die Herrschaft, Postgeld, Schoss, Hofreste an Korn, Gerste und Leinsaat, Schulden gegenüber dem Krüger, dem Knecht, Hirtenlohn, Tagelohn, Kosten für den Sarg, den Pfarrer etc., in der Summe 100 Fl. 20 Gr. 9 D. Es verbleiben 108 Fl. 21 Gr. 9 D.
der Mutter nebst ihren 3 unerzogenen Kindern zu ihrer Subsistenz von dem jetzigen Possessore zu haben, wobei ihr auch all dasjenige Getreide, so etwa noch im Hof vorhanden, als ihr Eigentum verbleibt, und da sie

2. den halben Baum-Garten, so in 46 Stück hoffnungsvollen Obst- nebst einer guten Quantität Pflaumen- und Kirsch-Bäumen besteht, dem neuen Besitzer ohne einzige Vergeltung, außer dass er dem Dorfe davor jährlich ein gewisses zu bezahlen und den Zaun zu unterhalten hat, abtritt, so verspricht jener hingegen ihr zu Lebzeiten 5 Pf. Leinsamen auf dieser seiner Zinshube auszusäen, um dadurch einigermaßen die kleinen Kinder auf die Beine bringen zu können.
NB. Der halbe Garten ist so zu verstehen, dass erstlich alles das Obst eingesammelt und hernach auf die Hälfte verteilt wird, die Beete aber bearbeitet und sät sich jedes Teil nach eigenem Gefallen und Willen dann auch.

3. Der Wittiben noch vor jetzo alles das vorrätige Futter gebührt hätte, sie aber dessen sich willig begibt, wenn ihr nur ihre Kuh davon ausgefuttert wird, als verbindet sich Erdmann Holtzcke hierdurch nicht weniger, ihr ihre eigene Kuh jederzeit in seinem Futter zu halten. Was aber deswegen an Hirten oder in die Gemeine zu tragen, muss die Wittibe selbsten über sich nehmen.

4. Offeriert sich die Mutter bei Ausstattung ihrer ältesten Tochter Elisabeth ihr in natura abzutreten:

  • 1 tragende Kuh à 6 Rtlr.
  • 1 dito Schaf
  • 2 kleine Brühlinger(?) à 18 Gr.
  • 3 alte Gänse mit dem Ganter
  • 4 dito Hühner mit Hahn
  • 1 Ober- und 1 Unter-Bett, 1 Pfuhl und 3 Kissen   Unleserliche Stelle [...] Einschüttung, mittelmäßigen Standes, mit Linnen gehörigen Bezügen und Laken
  • das notdürftige Weißzeug und Kleidung à parte
  • nebst 1 Schaf und 2 Gänse, so auf die Hochzeit überdem noch ausgesetzt werden.

Nun behält die Mutter noch vor sich

  • 1 Kuh, wovon wegen der Fütterung schon vorhero gedacht, item
  • 1 Schaf
  • 1 Sau und
  • 1 Ferkel
  • 2 Gänse und
  • 2 Hühner, die der neue Wirt auch zu unterhalten verspricht in Konsideration ihm obiges kleine Vieh von der Mutter alles gratis übergeben wird.
    NB. Das Kalb im 1. Jahr will sie dem Schwiegersohn auf Nutzung lassen, und also solcher Gestalt künftig jeder der zwei kleinsten Töchter 1 Kuh zueignen, ihre Betten nebst dem Weißzeug und Kleidern an dieselben oder deren Vormünder als dem Hubenwirt Peter Jäckel und Scharführer Hans Dieck allhier überantwortet wissen. Der Sohn Fritz aber hat damit nichts zu tun, sondern muss sich alsdann mit einem Wert von der Kuh und demjenigen behelfen, so etwa nach Abzug dessen noch aus der hinterbliebenen Masse auf ihn zu repartieren komme, im übrigen aber sowohl er als die Töchter, wenn sie vorhero genügend zur Schule gehalten, ihr Brot unter anderen guten Leuten durch Treu und Fleiß sich zu erwerben suchen.

Vorstehender Vergleich wird hiermit  ratifiziert, für gültig erklärt
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ratihabiert
und vor genehm gehalten.

Reichertswalde, den 30. Juni 1742

Zitierhinweis

Teilung des Nachlasses des Hans Kolberg . Silberbach, 16. Dezember 1737/Reichertswalde, 30. Juni 1742. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail_doc.xql?id=lehndorff_hnc_t12_4rb