Actum Balga, den 27. Jun. 1740
Die Königl. Dorfschaft Bledau hat in
dem abgewichenen 25. Jun. a. c. einen unbekannten wütenden Kerl im Dorf
angehalten und selbigen, da er wegen seines schlechten Habits und veränderlichen
fürchterlichen Gebärden den Verdacht eines Pferde-Dienstahls auf sich gezogen,
auf frischer Tat ergriffen und festgenommen, auch E. Königl. Amte in die hiesige
Fron-Feste zur sicheren Verwahrung überliefert, welcher denn wegen der Straftat aus dem Gefängnis
[Schließen]extante copore delicti ex custodia
hervorgefördert und im Beisein des Herrn Amts-Rats Ramnicks als Jurisdictionarii behörig
examiniert, ermahnt, die Wahrheit zu
sagen
[Schließen]facta ad monitione de veritata
dicenda folgendes aussaget:
Hans Kobba, wisse nicht sein Alter, katholischer Religion,
könne die zehn Gebote, auch das siebente, aber nicht gedruckt lesen, noch
weniger schreiben, hielte sich zu Königsberg in der Katholischen Kirche jährlich drei Mal zum
Nachtmahl und zum letzten diese Pfingsten da gewesen. Sei ein geborener Untertan
aus denen Gräfl. von Lehndorff Steinort-Landkeimschen Gütern, von da er vor
einer geraumer Zeit weggelaufen und sich bei Herrn Kreisrat von Brumsee nach Maraunen hinbegeben, endlich aber wieder extradiert und von
seiner Herrschaft nach Landkeim als
Mietsmann gesetzt worden, allein Delinquent schon vor 10 Jahren ein Weib
genommen und mit derselben zweenen Jungens und ein Margelle erzeuget, die er
nunmero in Landkeim habe im Stich gelassen. Es sei nur das eine Pferd, welches
er aufgegriffen, und mehrere Diebstähle will Delinquent nicht verübt [haben],
will die Wahrheit sagen.
Vergangenen Freitag als den 24. Juni a. c. wäre
Delinquent gegen Frühstückszeit von Landkeim abgegangen und hätte sich gerade weges durch
Königsberg nach dem Königl. Dorfe
Heute im Oblast Kaliningrad.
[Schließen]Tiefenthal Kobbelbudschen Amtes zugewendet, allwo er mit
Sonnenuntergang glücklich angekommen und sich eines von der Dorfschafft Pferde,
welche hinter dem Dorfe geweidet, ergriffen, gleich davon geritten, auch seinen
Weg die ganze Nacht bis Hanswalde
bei den dortigen Schäfer Hans Hagenau
fortgesetzet, den er von vielen Jahren her wegen seiner vormaligen verübten
Schäferprofession gekannt; das Pferd hätte er dem gemeldten Schäfer nicht zum
Kauf geboten. Von Hanswalde wäre Delinquent ohngehindert bis Bledau geritten,
allwo er das gestohlene Pferd einem Bauern zum Kauf gesetzet, der es aber nicht
kaufen wollen, sondern Delinquenten frei unter die Augen gesagt, dass er das
Pferd gestohlen habe, worauf dann Delinquent festgenommen und allhier gefänglich
eingebracht worden. Seine Intention sei eigentlich gewesen, wenn er das Pferd
verkaufet, nach Maraunen zurückzugehen und seines Weibes Schwester zu besuchen;
wäre aber in seinem Vorhaben
[Schließen]propos durch der Bauern Anstalten
gehindert worden.
Unleserliche Stelle [...]: Warum Delinquent
stillschweigend von Landkeim weggegangen und sein Weib und Kinder alldorten
hinterlaßen? Unleserliche Stelle [...] Er wäre nicht heimlicher Weise
fortgegangen, sondern der Arrendator in Landkeim
H. Gronert hätte ihm die expresse
Erlaubnis gegeben, seine Freunde ein Maraunen zu besuchen, auch hätte sein Weib
ihn angehalten, dass er bei ihrer Schwester hingehen und etwas Linnen-Zeug zum
Kittel mitbringen möchte. Delinquent hätte in Landkeim nicht Böses verübt, dass
er aus Furcht der Strafe entwichen, sondern seine große Not und Armseligkeit,
die mit vielen Zinsern und Scharwerk noch nebei beschwert gewesen, hätte ihn
gezwungen, sich anderweitig was zu verdienen; wie er noch a part meldet, dass er
den auf seinem Leibe tragenden grünen(?) zerlumpten Rock von des Arrendatores Dienst-Knecht
Hans Puschke erlehnet habe. sich verteidigend
[Schließen]Defensionis loco propter comissum furtum schützet Delinquent
seinen höchst müh- und armselige Zustand vor, weilen er von seiner Herrschaft
dorten in Landkeim kein Brot bekommen und fast Hungers ohne Erbarmen sterben
müssen. Dahero seine Intention gewesen, sich von dem aus dem erbeuteten Pferde
gelösten Gelde Brotkorn und Kleider anzuschaffen, so ihm aber sehr mißlungen.
Weiß nichts mehr zu sagen, und wird dem Torwächter Tiedmann
nach Prüfung und Unterschrift
[Schließen]praelecto examine et ratihabito wieder
zur genauen Aufsicht ad carceres übergeben.
Johann Christoph Laxdehn
als Actuarius
Zitierhinweis