Promemoria
über die Zur Bedeutung siehe hier.
[Schließen]Urbaria für die Bauern auf
adelichen Gütern, welche
an die Scholle gebunden
[Schließen]glebae adscripti sind und vollständigen Besatz auf den Huben haben,
davon das Eigentum allein der Gutsherrschaft gehört
A. Allgemeine Bemerkungen
1. Die Landesväterliche Absicht Sr. Königl. Majestät, alle Quellen zu Prozessen zwischen Gutsherrschaft und ihren Untersassen und glebae adscriptis zu verstopfen, ist über alles Lob erhaben und erfordert Ehrfurcht und Gehorsam.
2. Die deshalb erlassenen Verfügungen E. Königl. Erlauchten Staatsrats verdienen reinen Dank, sonderlich in Absicht der Behutsamkeit, mit welcher die Commissarii bei Berichtigung zu Werke gehen sollen, und wegen der Versicherung, dass die Rechte der Gutsbesitzer nicht verringert, nicht gekränkt werden sollen, sondern die Regulierung der Urbarii nach den Umständen und Verfassung der Provinzen eingerichtet werden soll.
3. Zu diesem Zweck aber dürfte unumgänglich nötig sein, die Einnahme der adel. Güter zu klassifizieren und von jeder Klasse den wahren Begriff festzusetzen.
4. Es sind in Preußen Hauptklassen
a. glebae adscripti, die vermöge ihrer Geburt
in den Gütern wohnen müssen,
b. Einwohner, die aus
freiem Willen in den Gütern wohnen und ihre Nahrung darin
suchen.
Beide Klassen können auf Huben wirtschaften und
heißen sodann Bauern.
Allein ihre Kondition und
Verhältnis gegen den Gutsherrn ist sehr verschieden, wie die
Preußische Landesordnung von 1640 anzeigt und woselbst sich
der Artikel von Pauren also anfängt
„So ein Paur, wesserlei Condition er sei p.‟
Es
würde zu weitläufig sein und gar nicht hierher gehören, alle
Klassen von Bauern anzuführen und ihre Kondition zu
bestimmen.
Hierher gehören aber folgende Klassen
a) freie Bauern
Denen gehört Haus, Hof, Acker,
Vieh pp. alles eigentümlich und zahlen einen gewissen
Grundzins oder was sonst dabei noch abgemacht worden.
b) Bauern auf Kontrakt und auf bestimmte Zeit.
Diese haben kein Eigentum an Acker, Haus und Hof, aber
das ganze Inventarium an Pferden, Vieh mancherlei Art, Acker
und Hausgerät gehört ihm eigentümlich.
c)
Scharwerksbauern.
Diese haben keine Eigentum, weder an
Haus und Hof, Acker noch an Vieh, Acker- und Hausgerät und
Aussaat, sondern das alles gehört dem Gutsherrn, nämlich
soweit vom Vgl. hierzu APO, Bestand
384 Familienarchiv Dohna, Nr. 422 ff. (diverse
Inventare).
[Schließen]Inventario als zur Notwendigkeit der Ökonomie
erforderlich und in dem Vgl. hierzu APO, Bestand
384 Familienarchiv Dohna, Nr. 91: Besatzregister
der Bauern von Silberbach (1508-1936).
[Schließen]Besatzbriefe spezifiziert ist.
Hat der Bauer mehr von Vieh
und Geräte, so ist solches zwar sein ungezweifeltes
Eigentum, ist gut für ihn, gehört aber nicht zum Begriff
eines Scharwerksbauernhofes.
5. Die Abgaben eines Scharwerksbauern bestehen gemeiniglich in einem Zins-Quanto, das dem Wert der Huben nicht angemessen, sondern gering, und die Dienstleistungen machen öfters die Hauptsache aus.
6. Ein Scharwerksbauer besitzt seinen Hof nicht auf bestimmte Zeit, sondern so
lange er pflichtmäßige Abgaben leistet
[Schließen]praestanda praestiert, und
wenn sich jemand von seinen Söhnen zur guten Wirtschaft qualifiziert, so folgt
er gewöhnlich seinem Vater im Besitz des Hofes, doch lediglich mit Konsens des
Grundherrn, welchem auch allein die Wahl gebührt, wenn mehrere Kinder des Bauern
vorhanden sind.
Diese Befugnis gründet sich auf das Pr. Landrecht Part. II
Tit. XV S. 1.
7. Ein Scharwerksbauer-Erbe unterscheidet sich noch vorzüglich von anderen
Bauernhöfen dadurch
a) dass dem Besitzer kein Kontrakt,
wohl aber ein schriftl. Inventarium gegeben wird, welches
der Grundherr allein unterschreibt. Das hat bishero keine
Unordnung oder Streitigkeit und Prozesse veranlasst, denn
gut gezogene Erb-Untertanen haben Hand und Siegel ihres
Gutsherrn respektiert ohne zu verlangen, mit ihrem Herrn und
Vater in forma zu kontrahieren und ihren Namen neben den
seinigen zu setzen. Sie haben vielmehr den Besatzbrief als
ein privilegium gratiae und niemals als einen Kontrakt
angesehen, und das alles aus den Grundsätzen der
Landordnung, indem daselbst verordnet und allgemein ausführt
worden,
b) dass ein Freigeborener, welcher einen
Scharwerksbauernhof annimmt, selbst
[Schließen]eo
ipso glebae zugeschrieben
[Schließen]adskribiert
ist,
c) die Konnexion des Gutsherrn und des
erbuntertänigen Scharwerksbauern kann also nicht nach den
Gesetzen eines Miets- oder Pachtkontrakts beurteilt werden,
wo auch die das Kleinste
[Schließen]minutissima zu
verschreiben sind, sondern diese Konnexion nähert sich
eigentlich einer Handlungsgemeinschaft
[Schließen]Mascopie, wo der Gutsherr allen fonds, alles Vermögen und der
Bauer allein seine Dienste einbringt, folglich nicht jeder
Schritt und Tritt und in Rechnung zu Papier gebracht werden
können, ohne dem Ganzen zu schaden und das Vertrauen
gegeneinander zu schwächen.
B. Von dem Verhältnis der Dohnaschen Bauern gegen ihren Grundherrn.
1. Ein Dohnascher Bauer (mit Ausschluss des kleinen Dorfes Galmen(?), von drei Wirten) hat kein Eigentum, so wenig an den Huben, an Haus und Hof, als an den Inventarien-Stücken, die zur Notwendigkeit gehören, wenngleich alle durch gute Behandlung und Lage in den Stand gesetzt sind, ein beträchtliches Super-Inventarium zu halten, und dieses allein ist sein Eigentum. Zwar liegt ihm ob, Haus, Hof und Inventarium, welches 6 bis 700 Rtlr. ausmacht und also in sämtl. Dohnaschen Gütern ein Kapital von [...], aus der Nutzung des Bauernhofes beständig zu unterhalten, dagegen werden ihm aber auch die Materialien an Holz, Ziegel und Kalk gegeben.
2. Betreffen den Bauern Unglücksfälle, so unterstützt ihn die Herrschaft und lässt ihn nie zu Grunde gehen.
3. Der im Lande fast allgemein bestimmte Termin zu Abtragung des Zinses auf 11. November
[Schließen]Martini-Tag
beunruhigt keinen Dohnaschen Bauern, APO, Bestand 384
Familienarchiv Dohna, Nr. 538: Vorschüsse an
Arbeitnehmer und Beamte in Form von Geld- und
Sachleistungen (1508-1936)
[Schließen]denn es wird ihm nachgesehen, er zahlt, wenn
es ihm bequem, man ist auch demnach mit paetialer
Solution zufrieden und gibt auch halbe und ganze
Jahre Dilation. Daher auch kein Exempel das etwas
durch Exekution beigetrieben wäre.
4. Fehlt dem Bauern Getreide zur Saat und Brot, so wird es ihm ohne alle Schwierigkeit von der Herrschaft und ohne alles Interesse gegeben. Man wartet geduldig ab, bis die Erstattung in natura geschehen kann, wenngleich der Vorschuss auf den Märkten zu hohen Preisen hätte verkauft werden können.
5. Brennen Häuser und Höfe ab, so wird nicht bloß etwas Unterstützung gegeben. Nein!
in Zeit von 3 Wochen oder 4 Wochen steht Haus und Hof neu
fertig da, ohne dass der Abgebrannte im Geringsten dazu
konkuriert, denn die Dohnasche Familie hat in ihren Gütern
seit undenklichen Zeiten in sich selbst eine Siehe hierzu die Dohnasche Willkür
aus dem Jahr 1627.
[Schließen]Brandbauordnung gehabt, und
ehe sie im Lande eingeführt gewesen.
6. Lediglich auf Kosten der Herrschaft werden einige approbierte und vom Königl. Ober-Collegio Medico immatrikulierte Chirurgi zum Nutzen der Untertanen in den Gütern gehalten. Die Arzneien werden allein erstattet und denen auch dies beschwerlich fiele, erhalten sie umsonst. Solche Anstalt hat keinen geringen Einfluss auf den Staat. Nach Verhältnis der Güter ziehen die Regimenter weit mehr Rekruten aus den Dohnaschen Gütern, als aus anderen, können davon viele zu Unteroffiziers brauchen und das kommt
7. von den tüchtigen Schulanstalten, die lange vorher gemacht und eingerichtet waren, ehe sie im Lande verordnet wurden. Eine Folge dieser gut eingerichteten Schulanstalten ist, dass wir eine in unserer ganzen Provinz berüchtigt gute Race von Menschen haben, deren sowohl die Fähigkeit als die Moralität nun so gut ist, dass man hier seltener von Erpressen und Bubereien weiß, dass selten Prozesse über mein und dein entstehen, und Freundlichkeit im Handel, Teilung und Vergleich herrscht. Fast alle Herrschaftl. Hausbediente beiderlei Geschlechts sind Untertanen, und sind fast ohne Ausnahme treu und fleißig und vor andere geschickt und tüchtig befunden worden. Nie ist ein untertäniger Mensch mit Geld durchgegangen, da doch einem jeden ohne Auswahl solche Aufträge anvertraut werden, auch ist bei unser Denken nie ein Soldat, deren ppp usw. in Reih und Glieder stehen, desertiert.
8. Ebenso sind die Armen-Kassen eine alte Veranstaltung der Dohnaschen Familie in
ihren Gütern, und außerdem befindet sich daselbst im Schlodischen Anteil ein
Hospital für 30 Personen, wo auch Kinder erzogen werden, welches alles allein
von der Herrschaft gestiftet worden und erhalten wird.
Die Hospitaliten
haben einen besonderen daselbst wohnhaften Vorsteher und Vorsteherin, die mit
ihnen von gleichen Tischen speisen, sie wohnen in einem ganz massiven großen
Gebäude, welches ein Quarre mit einem geschlossenen Hofe ausmacht, und werden
gut gespeist und gekleidet, wozu ein jeder durch ganz ungezwungene Arbeit etwas
beiträgt.
Dabei bleibt es nicht, sondern
9. werden viele Alte und Schwache in ihren Wohnungen von der Herrschaft mit Getreide pp. unterstützt.
10. Diese Einrichtungen sind der Provinz notorisch bekannt; daher es denn geschieht, dass nicht selten frei geborene Leute um die adscripti glebae als eine Wohltat anhalten, ohne dass sie durch Schulden bei der Herrschaft dadurch zu liquidieren hätten. Es geschieht aus Vertrauen und Bewusstsein, dass sie und ihre Nachkommen wirklichen Schutz und in Notfällen Unterstützung finden.
11. Seit dem Anfange des Etablissements der Dohnaschen Familie zur Zeit des Deutschen Ordens hat die Familie ihr Augenmerk auf gute Administration der Justiz gerichtet. Wenigstens seit 200 Jahren sind von den letzten verständigsten, redlichsten Dorfschulzen aus jedem Anteil der Dohnaschen Güter zwei errichtet, welche zusammen das gemeinschaftliche Patrimonial-Gericht unter Vorsitz eines Literati und Direktion des Senior familiae formiert haben. Dadurch die Untertanen von ihresgleichen circa factum beurteilt werden, so kommen wenig Streitigkeiten vor, und da solche außer der feierlichen juridischen zu aller Zeit vorgetragen werden können, so werden solche auch gleich untersucht, mehrenteils durch gute Remonstration abgemacht und wenige Urteile gefällt werden. Die Gerichts-Versammlung geschieht so oft, als sich Parte melden, und das Gerichtshaus befindet sich mitten in den gemeinschaftlichen Dohnaschen Gütern, wo der Justitiarius beständig wohnt. Seit 1751 ist noch ein Literatus wegen der Criminalien hinzugekommen, und alles wird auf Kosten der Gutsherrschaft unterhalten, so dass sämtl. Untertanen nur wenig beitragen, ohne dass Parte damit beschwert werden.
12. Außer dieser unparteiischen freien Rechtspflege hat die Familie längst ein Mittel erfunden, gewissen Unordnungen und Quellen zu Streitigkeiten vorzubauen. Jeder Bauer hat an seinem Hause eine kleine Tafel, worauf sein Hauszeichen gemalen. Auf allen Wirtschaftssachen des Wirts befindet sich sein Hauszeichen und das erstreckt sich bis auf die Zäune im Felde. Hat jemand etwas Unrecht getan, dass an andere Orten mit Gefängnis oder dergleichen bestraft wird, so reicht es hier schon zu, wenn das Hauszeichen auf eine kurze Zeit abgenommen wird, und die Ambition tut hier mehr Wirkung als andere Strafen.
13. Von je an hat die Herrschaft mit ihren glebae adscriptionis und Erbuntertanen in
einer patriarchalischen Verbindung gestanden, daher dann
auch die Herrschaft die Nutzung ihrer Gerechtsamen nicht so
weit ausgedehnt hat, als sie nicht nur gemäß den erhaltenen
Privilegien, sondern auch nach allen im Lande üblichen
Rechten mit völliger Gerechtigkeit sehr wohl tun kann und
tun müsste, wenn die bisherige Konnexion mit ihren
Untertanen wieder Verhoffen im geringsten abgeändert werden
sollte. Zum Beispiel die Nutzung der Brauerei und
Mühlen-Gerechtigkeit. In allen königl. Domänen-Ämtern und
nicht wenigen adel. Gütern dürfen die Untertanen nicht
brauen. In den Dohnaschen Gütern haben die Leute nur ein
sehr geringes Maß von Bier, bei Hochzeiten, Kindtaufen,
Begräbnissen und wenigen Dorffesten aus der Herrschaftl.
Brauerei bisher nehmen dürfen, und bei allem übrigen Bedarf
sind sie in ihrer natürlichen Freiheit nicht gestört worden,
sich das Getränk selbst zu machen.
Die Mühlen in den
Gütern könnten höher verpachtet werden, wenn das bei den
Königl. Domänen eingeführte Quantum auch hier eingeführt
würde, anstatt dass die Herrschaft geneigter gewesen,
weniger Pacht anzunehmen, um nur ihre Untertanen zu
soulagieren.
Bei diesen und mehreren Vorteilen, die den
Untertanen aus
reiner Gnade
[Schließen]ex mera
gratia gewährt worden, könnte
es nicht bleiben, wenn die Dienstleistungen der Bauern und
Untertanen durch neue Kontrakte reguliert werden müssten,
für jetzt sind sie in einer Situierung die ihnen erlaubt,
gegen Kirchen, milde Stiftungen und arme Brüder wohltätig zu
sein. Vor 2 Jahren streckten 3 Huben-Wirte der Dorfschaft
Fürstenau Carwindischen Anteils ihrer Kirche zu Tilgung
ihrer Schulden 50 Rtlr. ohne Interessen vor auf so lange,
bis diese Summe allmählich abgetragen werden könnte. Die
Huben-Wirte in Deutschendorf, ebenfalls in diesen Gütern,
taten vor 3 Jahren starke Beiträge bis zum Dukaten und
drüber zu einer neuen Orgel. Die Neumarksche Gemeinde legte
freiwillig 450 Rtlr. zusammen als eine Beisteuer zum Bau
einer neuen massiven Pfarr-Wohnung. Und im vorigen Jahr
brannte ein Bauer im Dorfe Liebenau Schlodischen ab, welcher
durch freiwillige Beisteuer sämtl. Schlodischer
Gutseinsassen fast seinen ganzen Verlust an Geld, Betten und
Hausgerät wiederbekommen.
C. Bemerkungen über die Art von Bestimmung der Urbarien.
1. Außer den mathematischen Bestimmungen gibt es in der Natur keine Bestimmungen, die so allgemein und unwidersprechlich gemacht werden können, dass sie keinen Einwendungen unterworfen sein sollten. Die Königl. Landesväterl. Ansichten und Befehle vom 11. Septbr. 1784 gehen bloß dahin, „den Klagen und Beschwerden zwischen Herrschaften und Untertanen über die zu leistende praestationes besser vorzubeugen und abzuhelfen‟.
2. Sollte diese gerechte Absicht nicht durch Privat-Urbaria hinreichend erfüllt
werden?, davon liegen hier nicht bei
[Schließen]beiliegende Extrakte zur Probe
beigefügt werden. Die darin enthaltenen Abgaben und praestanda sind seit langen
Zeiten geliefert worden, ohne dass jemals darüber Streit entstanden, folglich
hat die Erfahrung bestätigt, dass sie gehörig bestimmt sind.
3. Wenn die Urbaria einzuführen, wo Prozesse oder Streitigkeiten zwischen Herrschaft und Untertanen vorhanden sind, und in Gütern, wo niemals Prozess und Missverständnis gewesen, auf einerlei Art und Weise, untersucht werden sollten, so ist offenbar, dass die Grundherren, welche mit ihren Leuten keine Differenzen jemals gehabt haben, unschuldigerweise in die Verlegenheit gesetzt werden, in Streit und Prozesse zu kommen.
Ursachen
a.) Die Abgaben und praestanda sind in verschiedenen Gütern, ja in Dörfern, die zu
einem Gut gehören, oft verschieden, ohne dass den Untertanen
im Geringsten Unrecht geschieht, daher ist sehr zu fürchten,
dass Untertanen, die mehr zu leisten schuldig als andere,
aus Dummheit oder Bosheit auf die Gedanken kommen werden,
ihre bisher ruhig geleistete praestanda verringert zu
wünschen. Und dieses würde desto mehr an solchen Orten zu
befürchten sein, wo die Leute wie hier im Wohlstande sind,
denn dass menschliche Herz ist desto mehr zum Missbrauch
geneigt, je mehr es sich in guten Umständen fühlt.
Zwar
sind die Kommissarien angewiesen, den Leuten mit aller
Vorsicht bekannt zu machen, was eigentlich der Königliche
Gnädigste Wille sei, aber der gemeine Mann ist einem Strom
gleich, der seine Ufer durchbricht, die Ritze oder Spalte im
Damm mag noch so klein sein.
b) Wenn der Bauer sieht,
dass Königl. Kommissarien herumreisen, die alsdann in Acta
Commissionis mehr vorstellen als sein Grundherr, er mag sein
wer er will, so ist es mit dem Herrschaftl. Ansehen, wenn es
gleich niemals gemissbraucht worden, auf immer vorbei, und
harte und gelinde Herren sind dann nicht mehr zu
unterscheiden und letztere werden gestraft und ruiniert
werden, weil die ersteren Unrecht getan haben.
4. Es verdient den wärmsten Dank, dass den Gutsherrn erlaubt worden, zu Vermeidung der Kosten die Urbaria mit ihren Leuten selbst zu regulieren, allein sobald es zur Notwendigkeit gemacht wird, dass die Anerkennung der Richtigkeit der Urbarii vor den Königl. Commissariis geschehen soll, so werden diejenigen Gutsherren, die keine Unrichtigkeiten haben, doch immer an ihrem rechtmäßigen Ansehen unwiederbringlich verlieren.
5. Diesem mächtigen Ruin könnte dadurch vorgebeugt werden, dass die Urbaria bei den Patrimonialgerichten in gehöriger Form niedergelegt würden, wo sie von jedem Interessenten inspiziert werden könnten, ohne dass sie eine Konfirmation von denen Königl. Landes-Collegio nötig hätten, so lange als kein Streit entstünde.
6. Dieser Wunsch und diese Äußerung kann nichts Bedenkliches in sich halten, denn so
sehr man die Oberaufsicht und Direktion der Königl.
Landes-Collegien mit gebührender Submission erkennt, so ist
es doch den Landesgesetzen nicht nur konform, sondern es
wird darin besonders verordnet und darauf gehalten, dass die
Instanzen nicht vermischt
[Schließen]konfundiert
werden mögen.
Die Anerkennung eines Dokuments ist an
sich ein Akt freiwilliger Gerichtsbarkeit
[Schließen]Actus voluntariae
jurisdictionis und
gehört weder vor E. Königl. Landes-Collegium noch vor
Königl. Kommissarien privative. Selbst wenn ein Streit und
Prozess zwischen Gutsherrn und Untertanen entsteht, kann
ersterer die letzteren nicht anders als vor den
Patrimonialgerichten belangen. So lange sich diese nicht
suspekt gemacht haben, wird ihre Glaubwürdigkeit nicht
bezweifelt.
7. Wahrscheinlich werden in Ostpreußen nicht viele Gutsherren sein, die mit ihren Untertanen uneinig sein und Beschwerden gegeneinander haben. Aber gesetzt, es sollte sich anders verhalten, so würden doch diejenigen, welche Väter ihrer Untertanen sind, eine Ausnahme verdienen, damit sie nicht auf gleiche Art mit denen behandelt würden, die ihre Untertanen zu gegründeten Beschwerden gereizt hätten.
8. Es ist wahr, dass die Königl. Kabinettsordre an einen Commissario denkt, durch welchen die Urbaria betrieben werden sollen, aber es ist auch nicht im Geringsten zu zweifeln, dass Sr. Königl. Majestät eine Ausnahme bei denjenigen Gutsbesitzern erlauben und zulassen werden, welche mit ihren Untertanen in Jahrhunderten keine Streitigkeiten gehabt und die privat Urbaria auch so beschaffen sind, dass daraus keine zu befürchten.
9. Diese Ausnahmen würden für das gemeine Beste wirken und Nacheiferung erregen, wie Ehrenzeichen oder praemiae.
D. Bemerkungen über die natürliche Folgen, welche daraus entstehen, wenn die Urbaria zu strenge zwischen Gutsherrn und glebae adscripto in Absicht der Dienste reguliert werden sollen.
1. Durch die Bemühung, die Dienste eines Untertanen auf Herrschaftl. Huben mit Herrschaftl. Besatz genauer zu spezifizieren und zu bestimmen, als bisher geschehen, wird der obgemeldte patriarchalische Nexus abgeändert, wo der Untertan kein Misstrauen hatte, weder gegen seinen Herrn noch gegen seine praestanda, die er ohne Murren leistete und Brot zu dem Brote hatte, denn sein Herr zog keine scharfen Linien um seine rechtmäßigen Forderungen.
2. Gesetzt, es wäre praktikabel, alle Quellen der Prozesse wegen der praestandorum zu
verstopfen, so ist zu befürchten, dass durch die dazu
gewählten strengen Mittel eine noch größere Quelle zu
Exekutionen und andere damit verbundenen Prozesse geöffnet
werden dürfte. Denn da der Untertan offenbar seine Dienste
am Buchstaben halten würde, so würde der Gutsherr ein
Gleiches tun müssen.
Das heißt, die Zinszahlungstermine
müssten bei der Hälfte rechtens prompt eingehalten werden,
die Remission bei Unglücksfällen könnte nun nach keinen
Principiis von den Untertanen verlangt werden, und wie wenig
Unterstützung kann das geben. Vorschüsse an Saat und Brot
würden höchstens gegen Markt-Preis auf eine genaue bestimmte
Zahlungszeit stattfinden. Und gleichwohl würde die
Gutsherrschaft nicht die geringste Ungerechtigkeit
ausüben.
Möchte es doch S. Exzellenz dem einsichtsvollen und verehrungswürdigsten Herrn
Groß-Kanzler und Chef der Justiz gefällig sein, dieses pro memoria einigermaßen
erheblich scheinen, und dabei in Erwägung ziehen, dass es S. Königl. Majestät
und Dero Landesväterl. Vorsorge darauf ankomme, die Quellen der Prozesse im
Ganzen zu hemmen.
Die Regulierung der Urbarien und Anerkennung ihrer
Richtigkeit allenfalls vor den Patrimonialgerichten würde vollkommen hinreichen,
die höchst gerechten Absichten Sr. Majestät zu erreichen, dass die Ursachen zu
Prozessen zwischen Gutsherren und Untertanen gehoben werden.
Aber die
Regulierung derselben und ihre Anerkennung von Kommissarien der Landes-Collegien
hebt das bishero der Königl. Autorität so unschädliche und zur allgemeinen
Ordnung hilfreiche Ansehen der Gutsbesitzer beinahe ganz auf, und öffnet, wie
schon oben angemerkt, eine größere Quelle zu Exekutions-Prozessen und ihren
Folgen.
Bei der großen Verschiedenheit der Königl. Provinzien sind ja so
viel Objekte, die nicht in der ganzen Preußischen Monarchie nach einem Plan
reguliert werden können, und ist fast kein Zweifel, S. Königl. Majestät würden
es nicht ungnädig bemerken, wenn die Instruktion zu Regulierung der Urbaria
dahin modifiziert würde, dass die Landes-Collegia durch derselben Kommissarien
nur in den Gütern Ordnung herstellen und festsetzen, wo die Gutsherren ungerecht
gewesen und ihr Ansehen gemissbraucht hätten.
Zitierhinweis
Promemoria über die Anlage von Urbarien für die Bauern auf adeligen Gütern, welche schollenpflichtig sind . [Reichertswalde], 29. November 1785. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail_doc.xql?id=lehndorff_oq4_wrp_grb