Februar. Am 7. Februar verheirate ich mich, nachdem ich am 27. Januar nach Magdeburg abgereist war. Das Hochzeitsfest ist herrlich, meine Braut prächtig geschmückt, aber meine Schwiegermutter, Frau v. Haeseler, ist widerwärtig.
März. Ich verbringe vier schreckliche Wochen in Magdeburg. Meine Schwiegermutter gibt kein
Taschentuch heraus, ohne dafür eine Quittung mit meiner und meiner Frau Unterschrift
zu fordern. Sie gibt uns höflich zu verstehen, dass sie uns noch nicht zu beerben
hoffe und darum zu solchen Vorsichtsmaßnahmen genötigt sei. Im übrigen bringt sie
mich zur Verzweiflung, indem sie mir immer alten Rheinwein und Fasanen vorsetzt.
Dieser Fraß ist mir auf die Dauer zuwider; ein Stück Rindfleisch möchte ich haben
wollen, um meinen Appetit wiederzubekommen. Ihre Unterhaltung ist noch unangenehmer.
Nachdem sie uns mit der albernen Gottlieb Haeseler, seit 1733 von Haeseler, war ein
deutscher Unternehmer und preußischer Regierungs- und Geheimer Rat im
Herzogtum Magdeburg. Er war das 10. Kind des berühmten Magdeburger
Großkaufmanns und Handelsherren Valentin
Haeseler.
[Schließen]Liebelei mit ihrem seligen Gemahl, der ein tüchtiger Mann gewesen sein muss, gelangweilt hat, nachdem sie ausführlich das Thema des Geldausleihens und den
Vorteil des Agios behandelt hat, fängt sie wieder von vorn an, und so alle Tage. Als
echte Sie war die Tochter von Johann Friedrich Haeseler, Kauf- und
Handelsmann in Braunschweig.
[Schließen]Kaufmannstochter sagt sie feierlich: „Dieses kostet tausende Taler‟, tituliert ihr Haus „mein
Schloss‟ und zeigt alle Untugenden der Geldprotze.
Ich begebe mich zu meiner Frau nach Wolmirstedt, um meine Verwandten zu besuchen, die das Elend aus
meiner Heimat vertrieben hat. Es sind dies der Obermarschall Wallenrodt und der Kanzler Tettau mit seiner Frau, einer geborenen
Gräfin Dönhoff, meiner rechten
Cousine. Maria Eleonora Gräfin von Lehndorff, geb. Gräfin von Dönhoff,
dritte Ehefrau des vorverstorbenen Gerhard Ahasverus Graf von Lehndorff, war am 12. April 1723 in
Steinort verstorben. Nach dem Tod ihres Sohnes Gerhard Ernst, Amtshauptmann
zu Lötzen, 1741 kam es zu einem langwierigen Erbstreit zwischen dessen
Schwägerin Luise Marie von Lehndorff, geb. von Wallenrodt als Vormund ihrer Kinder und
dem Tribunalsrat Christoff Boltz
als Kurator des noch unmündigen Grafen Gerhard Stanislaus von Dönhoff, Sohn von Sophie Charlotte
Gräfin Dönhoff, geb. Gräfin Lehndorff. Eine Einigung kam nicht zustande, der
Streit wurde vor dem Oberappellationsgericht ausgetragen. Letztendlich
anerkannte das Hofgericht das Testament als gültig und entschied zugunsten
Dönhoffs, vgl. GStA PK, XX. HA, EM, Tit. 61 f, Nr. 280 und 281 (Abschrift
des Testaments Bl. 78-91v) sowie GStA PK, XX. HA, Rep. 54 Gutsarchiv
Lehndorff-Steinort, Nr. 3 (Vermögensangelegenheiten Maria Eleonora von
Lehndorff, geb. von Dönhoff, Nr. 5 (deren Mitgift), Nr. 22 (Rechtsstreit).
[Schließen] Trotz allen Ärgers, den mir dieses Haus bereitet hat, bin ich doch
erfreut, meine Cousine zu sehen. Man empfängt meine Frau sehr liebenswürdig, und ich sehe mit Befriedigung,
dass sie sich viel besser in meiner als in ihrer Familie gefällt.
Ich mache die Bekanntschaft des berühmten Marschall Seckendorff, den der König auf seinem Landsitz Meuselwitz hat verhaften und nach Magdeburg bringen lassen. Editorische Auslassung [...]
Lehndorff und seine Ehefrau wurden von Frau v. Haeseler begleitet, vgl.
Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 1, S. 190. In Altenplatow hatte „Kriegsrat Honig
“ den ganzen Adel der Umgegend eingeladen. „Man sieht bei dieser
Gelegenheit die Provinzialherrlichkeit in ihren zwanzig Jahre alten
vermoderten Hochzeitskleidern glänzen.“
[Schließen]Am 6. März reise ich von Magdeburg ab und treffe am Abend des 9. in meiner Berliner Wohnung ein. Vgl. die ausführliche Fassung des Tagebucheintrags
ebd., S. 192. Die Mutter hatte eine Verbindung mit der Gräfin von Hacke favorisiert, die seit wenigen Tagen
mit Herrn von Eickstedt verheiratet
ist. Erst im April legt sich das „stolze und hochfahrende Wesen“
der Mutter gegenüber der jungen Ehefrau, nach dem ihr „viele angesehene
Personen“ ihre Meinung gesagt hatten. - Am 14. Juli feierte man
gemeinsam den Geburtstag der Ehefrau, die von der Mutter „sehr hübsche
Geschenke“ erhält, ebd., S. 214 f.
[Schließen]In den nächsten Tagen führe ich meine Frau in die Gesellschaften und ich
sehe zu meiner Freude, dass sie Beifall findet. Meine Mutter spielt allerdings die Stolze, indem
sie auf ihre sechzehn Ahnen pocht. Alle Höfe empfangen meine Frau aufs beste,
besonders gnädig ist die Frau Prinzessin.
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